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„Tatort“ aus LudwigshafenSehr schönes Material

Diesmal ist der „Tatort“ ein Experiment. „Babbeldasch“ wirkt in seinen dunklen Momenten wie eine fiese Scripted-Reality-Doku.

Hängt im Traum ganz schön durch: Ulrike Folkerts als Lena Odenthal Foto: SWR / Martin Furch

Ein Theater, der Vorhang geht auf und gibt den Blick frei auf eine Sitzgarnitur. Dieser „Tatort“ beginnt wie eine Aufzeichnung aus dem Ohnsorg-Theater. Wir sind aber nicht in Hamburg, sondern in Ludwigshafen: Es ist Probe im pfälzischen Laien-Mundart-Hinterhof-Theater „Babbeldasch“. Bald ist Premiere von „Oma gibt Gas“.

Darin Knallerpointen wie die mit dem Italiener namens Ferrari, der als „Herr Porsche“ angesprochen wird. Haha. Ja, da lacht die Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts). Zumindest so lange, bis die Hauptdarstellerin und Theaterleiterin Sophie Fetter (Malou Mott) mit Schaum vor dem Mund hinter der Bühne liegt. Ein allergischer Schock. Sie hat Mohn gegessen. Aus Versehen. Und ihr Notfallset ist verschwunden. Wohl nicht aus Versehen.

Wer wollte ihr das antun? Eigentlich alle. Die Tote hatte gleich zwei Lebenspartner, dazu eine Tochter, die mit ihr gebrochen hatte, und einen Vermieter, der das Theater gern aus seinem Haus hätte. „Sehr schönes Material“, sagt Kommissarin Johanna Stern (Lisa Bitter), nachdem sie das gesamte Ensemble vernommen hat.

„Babbeldasch“ ist ein Experiment. Gedreht hat es Axel Ranisch. Es gab kein Drehbuch. Die Dialoge sollten sich die SchauspielerInnen selbst erarbeiten. Und die waren und sind keine Profis, sondern: Mitglieder eines Laientheaters. Zumindest die meisten.

Die Sendung

Ludwigshafen-„Tatort“: „Babbeldasch“; So., 20.15 Uhr, ARD

Und so wirkt das Experiment in seinen dunklen Momenten wie eine dieser fiesen Scripted-Reality-Dokus und in seinen hellen Momenten wie: echt. Mit der wackeligen Kamera, den harten Schnitten, den Anspielungen aufs reale Leben der Schauspielerin Ulrike Folkerts, den Dialogen, in denen sich versprochen und unterbrochen wird, die mal unangenehm, mal schön wirken.

Das Problem: Das echte Leben ist häufig nicht halb so spannend wie ein Fernsehkrimi. Das ist in Hamburg so. Und in Ludwigshafen leider auch.

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2 Kommentare

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  • Im Gegensatz zu RPH habe ich mich sehr amüsiert. Gerade unerwartete Bemerkungen, die das Gegenüber aus dem Konzept gebracht haben, fand ich besonders gut. Drei Beispiele:

    1. Der Anbaggerversuch des Hausbesitzers, nach dem Folkerts fast losgelacht hätte.

    2.Das Angebot "Ich hab noch einen Termin in der Pathologie, da kann ich sie (die Kleinkinder) mitnehmen" , statt einer Ausrede kam sichtlich unerwartet.

    3. Die Frage "Haben Sie die auch eingecremt?" offenbarte mit ihrer hilflosen Reaktion " Hab ich ja vorher nicht gewusst", dass Folkerts mit allem außer dieser Frage gerechnet hätte und darüberhinaus keine Alltagserfahrung mit Kleinkindern hat.

    Massentauglich war das Experiment sicher nicht, es hat aber gezeigt, wie herausfordernd Improvisation ist.

  • Einen solchen Mist habe ich lange nicht gesehen (30 Minuten) Unaushaltbar! Selbst die Folkerts wirkte wie eine Laiendarstellerin. Grausig!