„Tatort“ aus Dortmund: Bittere Pille
Die „Tatort“-Kommissare sind mies drauf. Doch kein anderes Team ist dabei so unterhaltsam wie die Dortmunder – und so glaubwürdig.
Bitter schmeckt das Kokain, deshalb spuckt das kleine Mädchen ein paar der blauen Kügelchen auch gleich wieder aus. Doch nicht genug, das Mädchen stirbt im nassen Spielplatzsand: Herzversagen, Kreislaufkollaps. Bitter ist das.
Überhaupt stehen in diesem „Tatort“ alle Beteiligten, mehr noch als sonst in Dortmund, kurz vor dem Zusammenbruch. Kommissarin Bönisch (Anna Schudt) rangelt mit ihrem Noch-Ehemann um das Sorgerecht für die Kinder (die lieber zum Vater wollen). „Seh ich so aus, als ob ich gleich Amok laufen würde?“, schnauzt sie ihren Chef Faber (Jörg Hartmann) an, als sie wutschnaubend in das Büro des örtlichen Drogenbosses marschiert. Ja, tut sie.
Der Nachwuchs auf dem Revier (Aylin Tezel, Stefan Konarske), privat frisch voneinander getrennt, probieren derweil aus, wie man den anderen mit welchen Worten am effizientesten verletzen kann. Und Faber – „Mir geht’s nicht beschissen. Mir geht’s scheiße!“ – hat ohnehin immer schwer zu kämpfen.
Kein anderes „Tatort“-Team hadert dabei gerade so unterhaltsam mit sich und der Welt wie die Dortmunder: zynisch und staubtrocken und mit stark entwickelten, glaubwürdigen Charakteren. Die Leiden von Faber und Co. funktionieren inzwischen auch als ihre eigene Fortsetzungsgeschichte, da ist der Crime-Faktor beinahe egal.
Dortmund-„Tatort“; So., 20.15 Uhr, ARD
Ach ja, der Fall: Ein Überwachungsvideo zeigt zwei Afrikaner, die das Kokain auf dem Spielplatz verstecken. Die Frau ist kurz darauf tot, erschlagen: Revierstreitigkeiten? Rache für das tote Mädchen? Schon ist man mittendrin in der Einwanderungsdebatte. „Wen wollen Sie denn für den Tod des Mädchens ans Kreuz nageln?“, fragt Faber seine Kollegin. Den inkompetenten Rettungssanitäter? Die Dealer, die mit dem Drogen-Geld ihre Familien daheim unterstützen? Die Käufer? Die Einwanderungspolitik? Gute Frage.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!