„Tatort“ aus Bremen: Ein Avatar, der selbstständig wird
Schon wieder ein „Tatort“, der versucht, den digitalen Rückstand aufzuholen. Die Kommissare Lürsen und Stedefreund facetimen sogar!
Es ist als wollten die Tatorte den digitalen Rückstand, der bis vor ein, zwei Jahren hüfttief in ihren Drehbüchern steckte, im Extrem-Fast-Forward-Modus aufholen. Zuerst die Big-Data-Folge „HAL“ aus Stuttgart Ende August, nun ziehen auch noch die Bremer nach. Die Kommissare Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) facetimen sogar!
Ergo muss „Echolot“ ein Beitrag zur ARD-Themenwoche „Zukunft der Arbeit“ sein: Vanessa Arnold (Adina Vetter) ist Vorlage für eine digitale Assistentin, die sogar lästige Telefonate übernimmt und dank manipulierter Autoelektronik mit Karacho am nächsten Baum landet. Ihr virtuelles Alter Ego unterhält sich derweil via Tablet weiter mit Mutter, Tochter, Mitarbeitern und sagt Sätze wie: „Warum sollte ich mit billigen Emojis arbeiten, wenn ich Gefühle habe, die ich abrufen kann?“ Ein Avatar, der sich wie Frankensteins Monster selbständig macht.
Bestes Indiz, dass was schief ging: Drehbuch und Regie sind doppelt besetzt (Peter Henning und Christine Otto; Henning und Claudia Prietzel). Et voilà, wo früher Kaffee geröstet wurde, sitzt heute Arnolds Technologiefricklerfirma mit „Senior Chiefs“, die dicke Hipsterbrille, Hoodie oder eine Virtual-Reality-Brille tragen und rufen: „See you tomorrow!“. Was für eine Grütze.
Und doch gibt es etwas, das hier rasend toll ist – na, Dings, hier: diese echten Menschen aus Fleisch und Blut. Postel und Mommsen werden immer besser, dazu die großartige Eleonore Weisgerber (schreibt ihr mal wieder jemand eine Hauptrolle, bitte?). Und die 11-jährige Emilia Pieske, deren Wucht man schon im Kinodrama „24 Wochen“ sah. Ihr Talent ist geradezu unheimlich.
„Echolot“; So., ARD, 20.15 Uhr
Aber der Plot, hach. „Ich mache nur Fehler, wenn etwas falsch programmiert ist“, sagt die virtuelle Assistentin einmal. Die Drehbuch-Software war offenbar schwerst infiziert.
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