Tatia Pllieva legt nach: Zur Sache, Schätzchen

Auf „First kiss“ folgt nun „Undress me“: Einander unbekannte Menschen ziehen sich in einem Werbevideo auf Youtube gegenseitig aus.

„Hello, my name is ...“ Tabelle: Youtube.com/channel/UCBkHxU4e4bT_q5UxhYfsGjQ

Ein weißes Krankenhausbett aus den 1950er Jahren. Davor schöne Menschen, jung und alt, schwarz und weiß, homo und hetero in freudiger, zugleich ein bisschen mulmiger Erwartung. Gleich, das wissen sie, wird jemand kommen, den sie nicht kennen. Nach dem „Hi, my name is …“ soll es zur Sache gehen. Die Paare ziehen sich gegenseitig aus und verschwinden in Unterwäsche gemeinsam unter dem Laken.

„Undress me“ ist der zweite Clip von Tatia Pllieva. Ihr Erstlingswerk „First kiss“ wurde im Frühjahr in Rekordzeit zum viralen Hit. Über 86 Millionen Mal wurde es auf YouTube angeklickt. Es folgte einem ähnlichen Prinzip: Auch dort treffen sich die Protagonisten zum ersten Mal – um sich zu küssen. Die Ästhetik ist ähnlich.

Die Bilder sind schwarz-weiß und wirken dadurch ein bisschen entrückt. Romantische Musik. Dazu sympathische Menschen, die in drei Minuten Clip so viel Nähe zum Besten geben, wie das oft ein ganzer Hollywoodfilm nicht schafft. Aber dann die große Enttäuschung: „First kiss“ war gar nicht so spontan, wie es schien. Die schönen Menschen, die sich so romantisch und ehrlich küssten, waren Schauspieler.

Bei „Undress me“ nun ist von vornherein klar, dass es sich um ein Werbevideo handelt. Dieses wurde für die Serie „Masters of Sex“, deren zweite Staffel am 13. Juli in den USA angelaufen ist, gedreht. Dabei geht es um die beiden Sexualforscher William Howell Masters und Virginia E. Johnson, die zum ersten Mal Menschen beim Sex beobachteten. Sie fanden so wesentliche Dinge heraus wie die Tatsache, dass der weibliche Orgasmus mitunter intensiver ist als der männliche. Das aber erklärt noch lange nicht, warum wir uns auch diesen Clip von Tatia Pllievas mit Pipi in den Augen ansehen – mag er nun authentisch sein oder nicht.

Die Erklärung ist ganz einfach: Wir lieben Märchen, einfach deshalb, weil sie schöner sind als das echte Leben. Was geschieht, wenn man diese Videos auf der Straße nachspielt, das haben zahlreiche „Real Life Editions“ von „First Kiss“ gezeigt. Sie sind vor allem peinlich – und das nicht nur wegen der viel zu laut hörbaren Schmatzgeräusche der Küssenden.

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