piwik no script img

Tarifverhandlungen im öffentlichen DienstVer.di zieht mit Metallern gleich

Die Gewerkschaft Ver.di fordert für die Beschäftigten bei Bund und Kommunen 6,5 Prozent mehr Lohn. Die Arbeitgeber kontern mit der Rekordverschuldung der Kommunen.

Ver.di-Chef Frank Bsirske hat es weiß auf rot: 6,5 Prozent mehr Einkommen. Bild: dpa

BERLIN taz | Mit einer Forderung von 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die rund zwei Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen gehen die Gewerkschaften in die bevorstehende Tarifrunde. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und der Beamtenbund dbb streben nach dem am Donnerstag bekanntgegebenen Beschluss eine Laufzeit von zwölf Monaten an.

Die Einkommenssteigerung solle mindestens 200 Euro betragen, sagte Ver.di-Chef Frank Bsirske in Berlin. Die Verhandlungen beginnen am 1. März in Potsdam. Zunächst sind drei Gesprächsrunden angesetzt.

"Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst mussten im vergangenen Jahr einen Reallohnverlust von 0,6 Prozent hinnehmen", sagte Bsirske. "Dadurch hat sich der Abstand zu den Einkommen der Privatwirtschaft weiter vergrößert. Damit muss Schluss sein." Zur Stärkung der unteren Einkommen solle die Steigerung mindestens 200 Euro betragen. Außerdem fordert Ver.di die unbefristete Übernahme der Azubis sowie eine spürbare Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 100 Euro.

Ver.di: "Nachholbedarf"

Mit der Forderung zog Ver.di mit der IG Metall gleich, die für ihre Mitglieder auch eine Lohnsteigerung von 6,5 Prozent in der diesjährigen Tarifrunde fordert. Die Gewerkschaft Ver.di sprach vom "Nachholbedarf" bei der Entlohnung im öffentlichen Dienst. Es könne nicht sein, dass eine Meisterin oder ein Meister in der Metallindustrie monatlich deutlich mehr als im öffentlichen Dienst verdiene, heißt es in einer Ver.di-Erklärung zur Tarifrunde 2012.

Der Verhandlungsführer der kommunalen Arbeitgeber, Thomas Böhle, sagte zu den Gewerkschaftsforderungen, diese seien "angesichts der Rekordverschuldung der Kommunen vollkommen illusorisch und inakzeptabel – bei allem Verständnis für den Wunsch nach mehr Geld".

Die Gewerkschaftsforderungen würden die Kommunen insgesamt gut sechs Milliarden Euro kosten. Durch den geforderten Mindestbetrag der Erhöhung von 200 Euro für die niedrigen Einkommen liege das Gesamtvolumen bei 8 Prozent und somit noch höher als die Tarifforderung in der Metall- und Elektroindustrie. Dabei habe der Schuldenstand der Kommunen 2011 einen neuen Rekord von 128,7 Milliarden Euro erreicht.

Arbeitgeber: "Kein Nachholbedarf"

Die Darstellung der Gewerkschaften, es bestehe ein Nachholbedarf im öffentlichen Dienst wiesen die Arbeitgeber zurück: "Ein Nachholbedarf würde bedeuten, dass die Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst geringer waren als in der Gesamtwirtschaft und dass nun genügend Geld da sei, einen Nachschlag zu finanzieren. Beides trifft nicht zu", so Manfred Hoffmann, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände.

Seit Einführung des Tarifvertrages TVöD 2005 seien die Gehälter der Beschäftigten im kommunalen öffentlichen Dienst um 10,2 Prozent gestiegen, in den unteren Gehaltsgruppen sei der Anstieg noch stärker gewesen. Zusätzlich gab es Einmalzahlungen. Die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer seien laut Statistischem Bundesamt im gleichen Zeitraum um 9,6 Prozent gestiegen. In diese Rechnung fließen allerdings auch die niedrigen Lohnerhöhungen etwa in Handel und Gastronomie ein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • T
    togo

    ... 10,2 % seit 2005 hört sich ja erstmal recht ordentlich an, berücksichtigt man die Laufzeit, kommen die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst gerade mal auf rund 1,7 % per annum (dank der Krux mit den Zinsenzinsen...).

     

    Liebe Tarifbeteiligten, es ist nicht seriös die Gehalts-Entwicklungen auf einen für die eigene Position gerade mal "günstigen" Bezugspunkt "schön" zu rechnen. Schaut Euch mal an, was Beschäftigte im öffentlichen Dienst im Vergleich zu gleichen Aufgaben in der freien Wirtschaft verdienen. Dies kann man selbst mit 6,5 % nicht kompensieren. Nicht umsonst gibt es vom Kommunalen Arbeitgeberverband KAV "Sonderregelungen", da die Kommunen selbst erkennen, dass der TVÖD nicht marktgerecht zahlt: z.B. dürfen Kommunen, um EDV-Fachleute zu bekommen, 20 % über Tarif zahlen!!! (Quelle: http://www.ris-muenchen.de/RII2/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/1756736.pdf); In München ist übrigens der Chef des KAV Personalreferent...

  • EA
    Enzo Aduro

    @yberg

     

    Die Realzinsen sind schon seit einigen Jahren negativ. Nominalzinsen sind irrelevant.

  • Y
    yberg

    auf VERDI ,und jetzt den spitzen stfift raus und den arbeitgebern vorrechnen ,wie ihre steuerlobbyisten aus GRÜNEN;CDSU;SPD;FDP seit 20 jahren hunderte von milliarden der öffentlichen hand geklaut und den reichen,kapitaleignern und unternehmern und unternehmen geschenkt haben.

     

    dort können sich die arbeitgeber das geld holen,nicht gegen zins leihen,das machen sie jetzt schon.

     

    am besten watscht VERDI noch die eigenen funktionäre ab,die im bundestag der umverteilung zugestimmt haben und tritt auch den mitglieder,die im aufsichtsrat von vielen unternehmen sitzen und sich nicht bemerkbar machen,in den allerwertesten

     

    ansonsten lach ich mir einmal mehr ins fäustchen,über die wasserprediger und weinsäufer,die ihre mitglieder seit jahren um des lieben sozialen friedens willen an der nase rumführn,gleichwohl das arbeitgeberlager ihren mitarbeitern seit jahren den permanenten unfrieden verkündet.

  • EA
    Enzo Aduro

    "In diese Rechnung fließen allerdings auch die niedrigen Lohnerhöhungen etwa in Handel und Gastronomie ein."

     

    Ja und? Sind das jetzt keine Menschen die mit ihrer Steuer, wenn vielleicht auch nur Mehrwertssteuer den öffentlichen Dienst finanzieren oder wie Mehrwertsteuer.

     

    Wenn in unserem Land die Löhne im öffentlichen Dienst so ansteigen würden wie bei den Metallern, bzw. speziell bei dem Metalltarifvertrag (ohne die ganzen Leiharbeiter etc.) dann sind wir morgen pleite. Denn leider zahlen die Chinesen hier keine Gewerbesteuer, so das die Finanzierungsquelle wegfällt. Autos und Maschienen kaufen die aber wie verrückt.

  • M
    Marc

    Geht Bsirske denn mal mit gutem Beispeil voran und zahlt den Mitarbeitern von ver.di auch 6,5% mehr???