Talking-Heads-Sänger verklagt Politiker: Gouverneur auf der "Road to Nowhere"
Floridas Gouverneur hat unerlaubt den Talking Heads-Hit für politische Werbung verwendet. Wegen Urheberrechtsverletzung fordert Ex-Frontmann Byrne eine Million Dollar Schadensersatz.
BERLIN/MIAMI taz/apn | David Byrne, ehemaliger Mastermind der Talking Heads, hat den Gouverneur des US-Staates Florida, Charlie Crist, auf eine Million Dollar Schadensersatz verklagt. Der Grund: In einem Werbespot für Crists Wahlkampf um einen vakanten Senatorenposten in Washington, der auf seiner Webseite und auf YouTube zu sehen war, erklang "Road to Nowhere". Ein Hit aus der Spätphase der New Yorker Band um Sänger Byrne und Keyboarderin Tina Weymouth, die wohl zu den einflussreichsten Wave-Acts der 80er Jahre gehörte.
"Road to Nowhere" war schon Bestandteil des Soundtracks der Filme "Reality Bites" und "Religious". Und auch die französische Band Nouvelle Vague durfte das marschähnliche Stück mit ihrem Fahrstuhlsound weichspülen. Crist allerdings verwendete den Song ohne Erlaubnis Byrnes. Denn dieser hat es bisher stets abgelehnt, Stücke der Talking Heads für Werbezwecke zur Verfügung zu stellen.
In einer Erklärung teilte Byrne mit, so etwas würde ihn sein Ansehen bei den Fans kosten. Er sei "in dieser Sache etwas rückständig", da er noch immer glaube, Songs würden den Menschen gelegentlich etwas bedeuten. "Die persönliche oder soziale Bedeutung wird aber abgeschwächt, würde das selbe Lied dazu benutzt werden, ein Produkt oder einen Politiker zu verkaufen!, so Byrne weiter.
Crist soll "Road to Nowhere" im Januar zum ersten Mal für Wahlkampfzwecke benutzt haben. Damals sah er sich bei den republikanischen Vowahlen von Marco Rubio herausgefordert, einem Vertreter der konservativen "Tae Party"-Bewegung, dem er schließlich auch unterlag. Inzwischen ist Crist bei den Republikanern ausgetreten und als unabhängiger Kandidat ins Rennen gegangen.
Laut Byrnes Anwalt hat das Kampagnenbüro von Crist weder eine Genehmigung zur Verwendung der Komposition des Songs noch eine zum Abspielen der originalen Aufnahme der Talking Heads erhalten. Zudem verstoße die Nutzung von "Road to Nowhere" gegen den so genannten Lanham Act, da sie fälschlicherweise impliziere, Byrne würde Crist politisch unterstützen.
Byrne teilte mit, erst nachdem der Werbespot schon gelaufen war, habe er von Crists Verwendung des Talking-Heads-Hit erfahren. "Ich war ziemlich aufgebracht". Obwohl seine Plattenfirma Crists Wahlkampfleitung kontaktierte und der Werbespot danach aus dem Netz genommen wurde: "Der Schaden war schon angerichtet", so Byrne
Byrne hat sich in dieser Sache nicht gerade zufällig an Lawrende Iser gewandt. Dem Anwalt war es gelungen, John McCain, den Ex-Präsidentschaftskandidaten der Republikaner erfolgreich zu verklagen, den Song "Running On Empty" von Jackson Browne unrechtmäßig für Wahlkampfzwecke benutzt hatte. "Ich war ziemlich erstaunt, dass so kurz nach dem Urteil im Fall Browne gegen McCain ein weiterer Politiker einen derartigen Verstoß begeht", so Iser gegenüber der englischen Zeitung The Guardian. Als Konsequenz aus dem Urteil, hatten die Republikaner eigentlich versprochen, die Rechte von Künstlern zu respektieren und bei den Urhebern um Erlaubnis für die Weiterverwendung ihrer Werke zu bitten.
Byrne kann eigentlich froh darüber sein, dass "Road to Nowhere" nur von einem Ex-Republikaner der gemäßigten Sorte unrechtmäßig angeeignet wurde. Crists Rivale Marco Rubio aus dem Lager der reaktionären Ikone Sarah Palin steht nicht nur unter Verdacht, eine Kreditkarte der Republikanischen Partei für private Zwecke missbraucht, sondern ebenfalls gegen das Urheberrecht verstoßen zu haben. Er wurde von Rockstar Steve Miller wegen der Nutzung seines 1976er Hits "Take the Money and Run" in einem Werbespot gegen Crist kritisiert. Miller dazu: "Ich verlange, dass sich Mr. Rubio besser über Veröffentlichungs- und geistiges Eigentumsrecht informiert. Außerdem fordere ich, dass er so höflich ist und mich um Erlaubnis fragt, bevor er meine Songs benutzt."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr