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TagungsstätteAufstand gegen die DGB-Bosse

Der DGB will seine Tagungsstätte in Hamburg-Sasel schließen. Betriebsräte und Einzelgewerkschaften protestieren gegen die Pläne.

Jetzt weiß der DGB mal, wie das ist: Plastik-Arbeiter mit dem Unwort des Jahres 2009. Bild: dpa

Im DGB-Tagungszentrum Hamburg-Sasel werden normalerweise Betriebsräte und GewerkschafterInnen geschult, um qualifiziert für die Interessen der Beschäftigten eintreten und die Mitbestimmungsrechte im Betrieb wahrnehmen zu können. Wenn es jedoch um die eigene Organisation geht, nimmt der Deutsche Gewerkschaftsbund die Rechte der Betriebsräte nicht so ernst. Ohne die Betriebsräte einzubeziehen, haben der Vorstand des DGB-Bildungswerkes und der DGB-Bundesvorstand in Düsseldorf beschlossen, die Saseler Bildungsstätte zum 31. Dezember 2011 zu schließen. Dagegen protestieren verschiedene Betriebsräte und Einzelgewerkschaften.

Die Saseler Bildungsstätte gilt in Gewerkschaftskreisen bundesweit als renommierteste DGB-Bildungseinrichtung. Sie hat einen besonders guten Ruf, weil dort von den Referenten arbeitsrechtliches Wissen konflikt- und handlungsorientiert vermittelt wird. "Die Lernumwelt des gewerkschaftlichen Tagungszentrums bietet dafür die beste Grundlage", sagt Hans Mielke, Tagungsstätten-Betriebsrat und Sprecher des "Förderkreises Sasel". "Es ist inhaltlich eine tolle Bundesschule", bestätigt der Hamburger Arbeitsrechtsanwalt und Experte für das Antidiskriminierungsgesetz (AGG), Klaus Bertelsmann, dessen Kanzlei oft dort tätig ist.

Bildungswerk-Geschäftsführer Dieter Eich und der DGB-Vorstand möchten Sasel aus Kostengründen schließen und die Betriebsratsqualifizierung in Hotels im Norden verlagern. "In Hotels wären gerade die unter den Betriebsräten sehr bekannten und beliebten Bildungsangebote nicht mehr aufrechtzuerhalten", berichten Insider. Dort fehle das qualifizierte Umfeld des Referenten- und Förderteams.

Das DGB-Bildungswerk

Das Bildungswerk "Bund" des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) vermittelt allgemeines, politisches und gewerkschaftliches Wissen. Das soll Arbeitnehmern die Möglichkeit geben, sich aktiv an sozialpolitischen Veränderungsprozessen in der Arbeitswelt und der Politik einzubringen.

Tagungszentren für Betriebsräte befinden sich in Hamburg-Sasel, Starnberg (Bayern) und Hattingen in Nordrhein-Westfalen.

Geschlossen werden sollen die Tagungsstätten in Sasel und Starnberg, wie der Vorstand des Bildungswerkes beschlossen hat. In Sasel würden 40 Arbeitsplätze wegfallen.

Die Betriebsräte des Bildungswerkes und viele Landesvorstände der Einzelgewerkschaften wollen dies verhindern. Die IG Metall Küste strebt eine enge Kooperation in der Betriebsräteschulung an.

Viele Gewerkschafter bezweifeln, dass allein finanzielle Gründe ausschlaggebend sind: "Sasel ist eine Bildungseinrichtung, die sich wirtschaftlich trägt, weil die Betriebsräteseminare nach Paragraf 37,6 Betriebsverfassungsgesetz zu 100 Prozent von den Betrieben bezahlt werden", argumentiert ein Funktionär der IG Metall Küste. Viele Betriebsräte aus den Metallbetrieben seines Bezirks und aus dem Bezirk Niedersachen-Bremen lernten dort. Die IG-Metall-Zentrale in Frankfurt lässt sogar ihr "Trainee-Programm" - die Ausbildung von Nachwuchssekretären aus dem ganzen Bundesgebiet - in Sasel laufen.

Offensichtlich wolle der DGB-Bundesvorstand "den Anspruch auf qualifizierte Betriebsrätequalifizierung aufgeben", vermutet der Betriebsrat Mielke. "Für die Teilnehmer wird es dann beliebig, ob sie einen privaten oder einen gewerkschaftlichen Bildungsanbieter in Anspruch nehmen."

Auch Jens Gäbert, der Anwalt des Saseler Betriebsrates und des Gesamtbetriebsrates des Bildungswerkes, zweifelt das finanzielle Argument an. "Es sind bisher keine Zahlen offen gelegt worden", sagt er. Überhaupt seien die Betriebsräte erst nach der Entscheidung informiert worden, obwohl bei einer Schließung in Sasel 40 Jobs von Festangestellten der Küche und des Hotels zur Disposition stünden. Die Schar der Arbeitsrecht-Referenten - Anwälte und Richter sowie Gewerkschaftssekretäre und Wissenschaftler - arbeitet auf Honorarbasis.

Das Entsetzen über die Schließungspläne - unter anderem haben der Hamburger DGB-Vorsitzende Uwe Grund und die Bezirksleitung der IG Metall Küste dagegen votiert - hat auch den DGB-Bundesvorstand erreicht. Eine DGB-Sprecherin betonte in einem Telefonat mit Förderkreissprecher Mielke, dass die Entscheidung allein vom Vorstand des Bildungswerkes getroffen worden sei. Das mag richtig sein. Die Entscheidung im Bildungswerk ist aber im Beisein der DGB-Vize-Chefin Ingrid Sehbrock gefallen, die seit dem letzten DGB-Kongress im Mai für den Bereich Arbeitnehmerbildung und damit für das Bildungswerk zuständig ist. Die DGB-Vorständlerin signalisierte in dem Telefonat Gesprächsbereitschaft.

Schon im vergangenen Jahr hatte die Zukunft der Saseler DGB-Tagungsstätte auf der Kippe gestanden, da der Pachtvertrag auszulaufen drohte. Damals hatten in wenigen Tagen 2.400 Betriebsräte und gewerkschaftliche Vertrauensleute für die Erhaltung des Tagungszentrums unterschrieben. Der Pachtvertrag könne problemlos um weitere zehn Jahre verlängert werden, sagte Betriebsratsanwalt Gäbert unter Verweis auf Gespräche mit dem Eigentümer.

Der Geschäftsführer des DGB-Bildungswerkes, Dieter Eich, hat dem "Förderkreis Sasel" widersprochen, dass die Betriebsräte nicht über die Schließung der Tagungsstätte in Hamburg-Sasel informiert worden seien. Im September seien ihnen fünf Optionen mitgeteilt worden. Nur zwei hätten die Fortführung der Tagungsstätte beinhaltet, da dafür kurzfristig Investitionen von 2,1 Millionen Euro notwendig wären, längerfristig bei einem Zehn-Jahres-Pachtvertrag 7,2 Millionen Euro. Der DGB-Bundesvorstand sei mit dem Thema definitiv noch nicht befasst.

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6 Kommentare

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  • I
    internode

    Interessant das Herr Jessen und Frau Zumbeck folgendes nicht direkt dementieren:

     

    "Wenn es jedoch um die eigene Organisation geht, nimmt der Deutsche Gewerkschaftsbund die Rechte der Betriebsräte nicht so ernst. Ohne die Betriebsräte einzubeziehen, haben der Vorstand des DGB-Bildungswerkes und der DGB-Bundesvorstand in Düsseldorf beschlossen, die Saseler Bildungsstätte zum 31. Dezember 2011 zu schließen."

     

    Ggf. empfiehlt sich ein Besuch folgender Veranstaltung fuer die Damen und Herren der Bildungswerk "Entscheider":

     

    http://www.forum-politische-bildung.de/forum/seminar/311093076

     

    "Werte wie Hilfsbereitschaft und Solidarität sind in der modernen Konkurrenzgesellschaft scheinbar weniger gefragt als Egoismus oder Selbstverwirklichung. - Wie können mehr Gemeinsinn und solidarischere Lebensweisen entstehen?"

     

     

    In Punkto Kritikfähigkeit sehe ich bei Herrn Jessen deutliches Lernpotential:

     

    "Es tut mir insbesondere für meine Frau sehr leid, die als TAZ-Genossin nun ihre geliebte TAZ am Kiosk kaufen wird, solange es Sie noch gibt."

     

    Gehen Sie nach dem gleichen Muster vor falls Mitarbeiter offen Kritik üben? Oder pflegen Sie eine offene Diskurskultur in Ihrer Organisation?

  • JS
    Jürgen Szalies

    Liebe Leser, lieber DGB Vorstand.

    Ich bin Betriebsrat und Bildungs-Beauftragter in unserer Firma (3.500 Mitarbeiter). Und somit sind wir Kunden vom DGB-Bildungswerk bzw. HH-Sasel was Bildung angeht.Wir bringen den Umsatz und das Geld. Und "Wir" werden nicht bereit sein, irgendwelche Arbeitsrechtlichen "Crash-Kurse" in irgendwelchen Hotels oder Jugendherbergen zu buchen,ganz bestimmt nicht !..Und ich spreche da nicht nur in meinem Namen!. Wir Bildungs-Beauftragten aus den großen Montan-Mitbestimmten Konzernen sind im ständigen Kontakt. In Summe reden wir da über mehr als 10.000 Mitarbeitern !.Der DGB Vorstand sollte wissen, das bei uns Grundwerte wie Solidarität und Wertschätzung immer noch sehr hochgehalten und gepflegt werden!.Die Bildungsstätten Hamburg-Sasel und Starnberg sind für uns ein fester Bestandteil unserer Weiterbildung. Selbst Heiner Geissler ( Vermittler beim Projekt "Stuttgart 21")sagt: Die Zeit der " So ist es eben, und damit Basta-Entscheidungen ist vorbei !!!!!. Liebe Leser, lieber DGB Vorstand.Der DGB ist für uns nur ein Dienstleister. Und wie im richtigen Leben,sollte auch der DGB auf die Wünsche und Anforderungen seiner Kunden eingehen. Den Fakt ist.Wer für die Musik bezahlt, sollte auch mitbestimmen dürfen wo Sie gespielt wird. Und wir stehen eben zu Hamburg-Sasel und Starnberg als erste Adresse. Und das sollte auch so bleiben. Vielen dank.

  • LJ
    Lothar Jessen

    Liebe TAZ,

     

    dass ich jetzt sogar weitestgehend richtig zitiert wurde auf der sonst zensierten Seite des sog. Förderkreis Sasel, motiviert mich hier weiter zu kommentieren!

    Lediglich die von mir genannte Internetadresse ist falsch abgebildet worden. Es war http://blog.dgb-bildungswerk.de/ und nicht www.dgb-bildungswerk.de .

     

    Warum ist die Berichterstattung der TAZ Nord so aufregend für mich, ich will es gerne erläutern.

     

    Die gesamte Berichterstattung ist durchgängig falsch, weil das Auslaufen des Pachtvertrages sehr lange bekannt ist. Daher ist es Heuchelei, wenn die Berichterstattung unterstellt, es „überkäme“ allen das Entsetzen. Das Überkommen schleicht seit 2008 durch die Saseler Schulungsräume.

    Ebenso teilen alle (Beteiligte) den Wunsch nach einer Erhaltung der Hamburger Bildungseinrichtung, die für eine gute, fundierte und engagierte Bildungsarbeit im Arbeitnehmerinteresse steht! Gerade die Menschen im jetzigen Förderkreis haben als Seminarteams und Referenten einen wesentlichen Anteil am bundesweiten guten Ruf dieser wichtigen Schulungen für Betriebsräte, damit das BetrVG den Arbeitnehmern / Betriebsräten zu einer wirksamen Beteiligung an den Entscheidungsprozessen in den Unternehmen und Betrieben zur Geltung verhilft! Mitbestimmung (http://www.youtube.com/watch?v=tedapWP4BXQ) hat Zukunft, weil die Menschen es wollen!

    Das ist auch Ziel und die Intention des DGB Bildungswerk mit seinen Seminarangeboten. Hierdurch erklärt sich auch die große Unterstützung, die der Wunsch nach Erhaltung des Standort Sasel erfährt. Bildungsarbeit muss sich verorten, wenn der Wert erkannt und genutzt werden will.

    Das ganze Dilemma des TAZ-Artikels wird im letzten Satz deutlich: „Der Pachtvertrag könne problemlos um weitere zehn Jahre verlängert werden, sagte Betriebsratsanwalt Gäbert unter Verweis auf Gespräche mit dem Eigentümer.“

    Hinter dem kleinen Wörtchen –problemlos- verbergen sich finanzielle Verpflichtungen in Höhe von ca. 7 Mio.Euro. ...und RA Gäbert war bei den Gesprächen mit dem Eigentümer bisher nicht persönlich beteiligt, daher erscheint die Informationsquelle als sehr unglaubwürdig.

    Schade eigentlich, dass ich nun mein TAZ-Abo gekündigt habe, was seit ca. 30 Jahren bestand. Es tut mir insbesondere für meine Frau sehr leid, die als TAZ-Genossin nun ihre geliebte TAZ am Kiosk kaufen wird, solange es Sie noch gibt.

     

    Lothar Jessen

  • AG
    Andreas Grünwald

    Erneut wird von Leitungskräften des DGB / DGB Bildungswerk hier in Lesekommentaren so getan, als geschehe der Widerstand gegen die Schließung nur von ein paar Irren, die mit den Beschäftigten und ihren Betriebsräten nichts zu tun haben. Deshalb zur Klärung dazu ein Zitat aus einer Stellungnahme des Gesamtbetriebsrates des DGB Bildungswerks:

    "An Kollegin Zumbeck stellt sich die Frage, ob sie ernsthaft glaubt, dass sich die Schließung des Hauses

    vor den Kunden verbergen lässt. Es stellt sich uns die Frage, wie aus ihrer Sicht als Leiterin des

    Geschäftsbereichs BRQ denn ein anderer Umgang mit der Schließungsdiskussion in der Öffentlichkeit

    und bei den Teilnehmern aussehen kann. Dazu bleibt sie bisher ... eine

    Antwort schuldig.

    Eine Trennlinie zwischen den Beschäftigten des Bildungszentrums und dem Förderkreis zu konstruieren

    ist absurd. Die Aktion des Förderkreises und die aus dieser Aktion hervorgegangene Solidarisierung

    unserer Kunden mit dem Bildungszentrum Sasel ist ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung der aktuellen

    Beschäftigung und zur Diskussion über die Fortführung der Bildungsarbeit am Standort Hamburg.

    In diesem Sinne begrüßen der Gesamtbetriebsrat des Bildungswerks und der Betriebsrat des Tagungszentrums

    Sasel ausdrücklich die Unterstützungsaktion der am Aufruf beteiligten Betriebsratsgremien und

    bedanken sich für die damit verbundene Unterstützung und Förderung."

    Damit ist die Sache wohl klar.

  • CZ
    christine zumbeck

    Sehr geehrter Herr von Appen,

     

    ich denke, Sie haben da etwas missverstanden. Herr Mielke ist mitnichten Betriebsrat in der Tagungsstätte. Insoweit dürfte ihm auch die Beteiligung des Betriebsrats in der Angelegenheit nur vom Hörensagen bekannt sein. Ich hätte es gut gefunden, die Fakten auf den Wahrheitsgehalt abzuklopfen. Ansonsten freue ich mich, dass Sie die Qualität der Schulungen als besonders positiv hervorheben, es wird sie in der gleichen Qualität auch in Zukunft geben.

     

    Christine Zumbeck

    Leiterin des Geschäftsbereichs Betriebsrätequalifizierung im DGB Bildungswerk

    und ansässig im Tagungszentrum Sasel

  • LJ
    Lothar Jessen

    Ja herzlichen Glückwunsch liebe Taz! Üblicherweise bin ich es gewohnt, als uralter Taz-Leser, dass man bei der Organisation, über die man berichtet, mal zur Korrektur nachfragt!

     

    blog.dgb-bildungswerk.de

     

    Ihr aber nicht?

     

    mfg

    Lothar