: Tage voller Liebesschwüre
■ Heidi Kabels 80. in allen Kanälen: Der schönste Grund zum Feiern und ein authentischer dazu
„... wenn du doch jeden Tag Geburtstag hätt'st!“ wünschte sich und dem Geburtstagskind die Tagesschau-Sprecher-Riege Dagmar Berghoff, Wilhelm Wieben und Werner Veigel bei der Festgala am Sonntag morgen im CCH 3.000 Fans verfolgten den von NDR-Moderator Friedhelm Mönter und Plattdeutsch-Autor Gerd Spiekermann organisierten prominenten Geburtstagsreigen. Tägliches Aufhebens um ihre Person ginge der Jubilarin mit Sicherheit zu weit. Tatsächlich aber sind doch solche öffentlichen und authentischen Anlässe zum Feiern wie Heidi Kabels 80. Geburtstag äußerst rar geworden. Ebenso rar wie ein Mensch wie sie, Hanseatin, Volkstheater-Star, Mutter und Frau mit Haltung. Daß ihr offenbar noch immer die Herzen aller Altersklassen zufliegen, hat sie sich in 62 Jahren auf der Bühne und 30 Jahren vor der Fernsehkamera, die sie für Millionen zur vertrauten Nachbarin machte, verdient.
Heidimania in allen Medien: beim Geburtstagsempfang im Ohnsorg und im CCH, in Talkshows, in TV-Nachrichten, in allen Zeitungen, als Adressatin für das längste Geburtstagsvideo der Welt, in Wiederholungen ihrer Stücke auf – fast – allen Fernsehkanälen, und bejubelt schließlich von den 2.000 Menschen, die am Sonnabend nebst Spielmannzug, Kinderchor und Prominenz die Großen Bleichen säumten, um ihr, die wie immer pünktlich kam, zu gratulieren. Hier war sie im Hinterhof aufgewachsen und später auf der Bühne des Ohnsorg-Theaters groß geworden. Und heute wirkt ihre Popularität wie ein Fossil aus jenen unwiederbringlichen TV-Zeiten, als der mediale gesellschaftliche Konsens noch Einschaltquoten von 95 Prozent ermöglichte, und man sich zum Fernseh-Gucken noch gegenseitig besuchte. Und letzthin mag ihre Beliebtheit auch Ausdruck einer Sehnsucht nach einer Mutter sein, einer verläßlichen und vertauenweckenden Größe, die zu loben und zu schelten weiß.
„Toi, toi, toi“, ermutigte sie denn auch mütterlich den Bürgermeister Henning Voscherau, als er sich im Ohnsorg-Theater anschickte, seine – „offizielle und persönliche“ – Glückwunschrede zu halten. Und neben einigen, in diesen Tagen inflationär gedroschenen Phrasen – „das Herz auf dem rechten Fleck etc.“ – tat der Bürgermeister als artiger Jung' doch recht daran, Heidi Kabel für ihre identitätsstiftende Rolle für Hamburg zu danken.
Bücher ließen sich nun mit den Heidi-Hymnen füllen, für die dieser Tage tausende von Reimen geschmiedet wurden. Souverän, in festlichem Blau und höchst konzentriert nahm Heidi Kabel im Ohnsorg – auf einem maritim mit Netzen, Möwen, Schiffchen und Seestern verzierten Thron – die Vorträge, Reden und Gedichte von Ohnsorg-Stars wie Erna Raupach-Petersen, Karl-Heinz Kreienbaum, Jochen Schenck, Christa Wehling, Jürgen Pooch und Birgit Kiupel entgegen. Jedes Wort würdigte sie mit ernster, skeptischer oder fröhlicher Mine, schenkte jeder Gratulation, jedem Verslein, jedem Lied ihre ganze Aufmerksamkeit. Und obwohl es doch in den vergangenen Tagen geradezu gute Wünsche auf die „Krawallschachtel“ (Selbsteinschätzung) gekübelt hatte, belohnte sie so manchen Scherz mit dem strahlendsten Lächeln auf ihrem 80jährigen Gesicht, das dem Alter trotzend noch immer den Schalk einer jungen Hamburger Deern spiegelt.
Lonni Kellner-Frankenfeld, Uwe Friedrichsen, Ilse Werner, Evelyn Künnecke, Edgar Besen, Friedrich Schütter, Harald Juhnke und nicht zuletzt Willy Millowitsch und Kultursenatorin Christina Weiss seien nur stellvertretend für die Akteure im CCH genannt, die dem unumstrittenen Star ihre Hochachtung erwiesen.
Eine kleine Enttäuschung mußte die Kabel jedoch auch bei der Gala verschmerzen, denn ihr Wunschgast Hape Kerkeling konnte wegen Krankheit nicht kommen. Wenn sich die Jubilarin allerdings weiter – mit „Arbeiten, Arbeiten, Arbeiten – so fit hält, darf er vielleicht zum 85. gratulieren. Bis dahin hat sie sich von den Gratulationskuren dieser Tage erholt, und man seufzt wieder mal: „Ach, Heidi, wenn du noch 80 Mal Geburtstag hätt'st!“
Julia Kossmann
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