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Tae-Kwon-Do: Ein Weg für Frauen

■ TURA-Bremen: Mit Bruchtest und Poomse gegen die Angst

“Selbstverteidigung ist keine Frage der Technik.“ Brigitte Karrasch muß es wissen. Die 37jährige trainiert seit elf Jahren die koreanische Kampfsportart Tae- Kwon-Do und trägt den 2. Dan. Schmerz in Kauf nehmen, die Auseinandersetzung mit der Angst suchen, Blockaden überwinden und Lähmung abschütteln: Darauf kommt es an. „Du mußt darauf gefaßt sein, dich körperlich auseinanderzusetzen.“ Tae-Kwon-Do ist die einzige Kampfsportart mit Körperkontakt: Tae-Kwon-Do, Fuß-Faust- Weg.

Beim TURA Bremen in Gröpelingen hat sich der Tae-Kwon-Do für viele Frauen geöffnet. Von den 300 Mitgliedern der Kampfsportabteilung sind 40 Prozent weiblich. Und die Gröpelinger Frauen sind sportlich Spitze: Mit Brigitte Honnens stellen sie eine Deutsche Meisterin, mit Monica Kotte und Heike Lücke die Deutschwe Synchron-Meistermannschaft, mit Brigitte Karrasch eine Deutsche Vizemeisterin und die einzige Tae-Kwon- Do-Trainerin der Bundesrepublik mit einer A-Lizenz. Außerdem haben die TURA-Frauen auf den letzten Deutschen Meisterschaften in Essen auch den Mannschaftssieg erkämpft.

Anfang der achtziger Jahre öffnete der TURA Bremen seine Kampfsport-Abteilung für Frauen. „Damals gab es für eine blöde Bemerkung von einem Mann eine Verwarnung, beim zweiten mal wurde er aus dem Verein geworfen“, erinnert sich Monica Kotte an die ersten Trainingsstunden. Zunächst trainierten die Frauen unter sich, jetzt gibt es sowohl gemischte als auch Frauengruppen. „Jetzt sind wir so gut, daß wir respektiert werden“, erzählt Trainerin Karrasch.

„Natürlich bekommst du hier Kondition, Kraft und Schnelligkeit“. Aber für Monica Kotte ist „beim Tae-kwon-Do auch das Gefühl entscheidend, endlich einmal zurückschlagen zu dürfen“. Und: „Du lernst dich selbst besser kennen, weißt, wie du in Streßsituationen reagierst, stößt an deine Grenzen und verschiebst sie nach hinten.“

Grenzen überwinden, Selbstdisziplin trainieren, Anforderungen an den eigenen Körper stellen: Vielen Frauen werden diese Erfahrungen vorenthalten. „Es wird uns doch zum Beispiel nicht in die Wiege gesungen, daß wir schreien sollen“, sagt Heike Lücke. Und durch diesen Schrei beim Tae-Kwon-Do kann die Kämpferin bisweilen philosophische Dimensionen erreichen: „Du gibst ein lautes Zeichen: Hier steh' ich jetzt, und viele schüchtert das schon ein“.

Wettkampf. Gewinnen, verlieren: Leistung. „Aber es geht hier nicht so sehr um Pokale, sondern um die individuelle Leistungsfähigkeit einer Einzelnen. Jede soll an ihre ganz persönliche Grenzen kommen, um sie weiter aufzustoßen oder aber auch zu wissen, wo sie liegen.“

Do hin, Weg her: Beim Tae- Kwon-Do geht es zur Sache: Sei es beim Bruchtest, bei dem zwei bis drei Zentimeter starke Fichtenbretter durchgeschlagen werden, sei es das Kampftraining, bei dem alle Kämpferinnen mit Körperschutz, im Wettkampf auch mit Kopfschutz antreten, oder die Poomse, der Schattenkampf. Do, der Weg, ist lang.

„Wenn du dich wirklich selbstverteidigen willst, mußt du schon ein paar Jahre trainieren“, schätzt Trainerin Karrasch. „Diese ganzen Schnellkurse, Selbstverteidigung in 15 Doppelstunden, das ist alles Schrott.“

Markus Daschner

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