Tacheles: Wieder ein bisschen leerer
Bagger schafft verwaiste Container aus dem Hinterhof. Künstler klagen über "kalte Räumung".
Ungläubig sitzen die verbliebenen Künstler des Tacheles-Hinterhofs vor ihren Hütten, im Hintergrund dröhnt ein Bagger. Nachdem zuletzt mehrere Künstler gegen Abfindungen das Gelände hinter dem Kunsthaus an der Oranienburger Straße verlassen hatten, werden am Mittwoch deren Container von einer Sicherheitsfirma weggeschafft.
"Wir erleben hier eine kalte Räumung ohne Gerichtsbeschluss", klagt ein Künstler. Ein paar Polizeibeamte und eine Handvoll Securitys schirmen den Bagger ab, zu tun haben sie aber wenig: keine Proteste, keine Demo, nur die 15 bis 20 ausharrenden Künstler. Erst Dienstag hätten sie von den Abrissarbeiten erfahren, berichten die. "Wir können nur hoffen, dass es noch Menschen gibt, denen das Tacheles etwas bedeutet", sagt einer.
Die Polizei beanstandet die Räumung nicht. Der Eigentümer führe Aufräumarbeiten auf seinem Gelände durch, sagt eine Polizeisprecherin. "Dazu ist er berechtigt, da er sein Eigentum nachgewiesen hat." Auch Anwalt Michael Schultz, der die Auszüge für einen anonymen Investor verhandelt, verteidigt das Vorgehen. Man habe nur vier Container bereits ausgezogener Künstler geräumt und "Schrott entfernt". Mit einem weiteren Künstler hatte sich Schultz erst am Dienstag geeinigt. Die Höhe von dessen Abfindung ist unbekannt. Schultz sprach aber von weiteren "konkreten Gesprächen" mit Abschiedswilligen. Bis Ende des Sommers solle der Hinterhof geräumt sein.
Bereits Anfang April hatte die Gastro-Gruppe des Tacheles um das Café Zapata das Haus gegen eine Million Euro verlassen. Nach der Insolvenz des Eigentümers 2007 steht das Tacheles unter Zwangsverwaltung. Eine Zwangsversteigerung Anfang April platzte, ein neuer Termin steht aus. Am 9. Juli wollen Künstler und Unterstützer gegen das Aus demonstrieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!