piwik no script img

TV-Verstaatlichung in VenezuelaNur noch Chávezovisión?

Angriff auf Venezuelas Meinungsvielfalt: Präsident Hugo Chávez will den letzten oppositionellen Fernsehsender verstaatlichen. Die Mitarbeiter fühlen sich enteignet.

Auch gehörlose Oppositionelle werden von Globovision informiert: Gebärdendolmetscherin im Hauptstudio in Caracas. Bild: reuters

Es ist bisher nicht mehr als eine Ankündigung, aber eine, die Aufmerksamkeit erregt: Die venezolanische Regierung plant laut Präsident Hugo Chávez den Einstieg beim einzigen noch verbliebenen oppositionellen Fernsehkanal Globovisión, der vor allem für die Medienlandschaft in der Hauptstadt Caracas von großer Bedeutung ist.

Angeblich sollen 25,8 Prozent der Anteile vom Hauptaktionär Nelson Mezerhane übernommen werden. Genau genommen gehören 20 Prozent der Aktien der privaten Banco Federal, deren Chef und Besitzer Mezerhane ist. Das Geldinstitut geriet jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, zudem wird ihm die Verstrickung in illegale Bankgeschäfte vorgeworfen. Im Juni wurde es deshalb von der staatlichen Bankenaufsicht übernommen. Mezerhane setzte sich ins Ausland ab. Die restlichen 5,8 Prozent gehören einer Firma Mezerhanes, die ebenfalls unter staatliche Verwaltung gestellt wurde.

Weitere 20 Prozent der Aktien würden dem venezolanischen Staat ohnehin zufallen, da deren Besitzer verstorben ist. Luis Teófilo Núñez, Mitgründer des Senders, war 2007 gestorben. In einem solchen Fall habe der venezolanische Staat das Recht, dessen Konzessionen zu übernehmen, so Präsident Chávez. "25,8 und 20 macht 45,8 Prozent," rechnete er vor. Der Rest verteile sich auf Minderheitsaktionäre: "Niemand kann behaupten, dass wir jemanden enteignet haben. Wir sind nur dabei, in das Geschäft einzusteigen."

Zudem, kündigte Chávez an, werde in den nächsten Tagen die Person bestimmt, die als Vertreterin der staatlichen Interessen im Direktorium des Senders geschickt werde. Das staatliche Aufsichtsgremium der Banco Federal sei dazu verpflichtet, in den nächsten Tagen einen Vertreter für das Direktivkomitee von Globovisión zu bestimmen, "weil wir jetzt 25,8 Prozent der Aktien haben, und das gibt uns das Recht, einen Repräsentanten zu stellen". Mit Alberto Nolia und Mario Silva nannte Chávez zwei Kandidaten für den Posten. Beide sind Parteimitglieder, die beim staatlichen Fernsehkanal Venezolana de Televisión arbeiten.

Globovisión reagierte prompt. In einer Mitteilung heißt es, der Inhaber der Sendelizenz sei einzig und allein die Medienfirma Corpomedios GV Inversiones. Zudem hat nach den Statuten kein Einzelaktionär das Recht, ein Mitglied im Leitungsgremium des Senders zu bestimmen. Diese können nur auf einer Aktionärsversammlung mit 55 Prozent der Kapitalanteilsstimmen beschlossen werden: "Die Ausrichtung von Globovisión lässt sich weder enteignen noch in sie eingreifen." Die Lizenz läuft noch bis 2015.

Allerdings könnten die jetzt gesammelten 45,8 Prozent noch nicht das Ende sein. Schon vor einigen Woche verlautete aus Regierungskreisen, man könne auch das Aktienpaket von Guillermo Zuloaga übernehmen. Der einstige Chef von Globovisión war im März wegen des Vorwurfs der Verbreitung von falschen Informationen und Präsidentenbeleidigung vorübergehend festgenommen worden. Im Juni wurde abermals Haftbefehl erlassen. Begründung: Zuloaga habe Luxusautos illegal gekauft und genutzt. Wie Mezerhane setzte er sich inzwischen ins Ausland ab.

Der Oppositionskanal Globovisión ist jedoch nicht der einzige Fernsehsender auf der staatlichen Übernahmeliste. Nachdem sich Hugo Chávez in der vergangenen Woche mehrfach mit der katholischen Kirche angelegt hatte, forderte er Innenminister Tarek El Aissami am Wochenende auf, die Rechtmäßigkeit der Sendelizenz von Vale TV (Valores Educativos Televisión) zu überprüfen. Diese war 1998 von Chávez' Amtsvorgänger Rafael Caldera an den Erzbischof von Caracas übergeben worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • BG
    Ben G.

    Da sieht man mal wieder, was für ein schmieriges hetzblättchen doch die taz geworden ist. ich reise jedes jahr für längere zeit nach venezuela und muss sagen, es gibt kein land wo die pressefreiheit so unbegrenzt ist wie dort!!! und grade das ist das problem. da der venezolaner im schnitt(das soll keine beleidigung sein, sondern eine feststellung) nicht sehr hoch gebildet ist, fällt es ihm schwer, zwischen lüge und wahrheit zu unterscheiden. so fällt er oft auf die lügen der brandstifter rctv, globoterror etc. rein. die verantwortlichen dieser hetzsender würden in deutschland schon längst hinter schloss und riegel sitzen!

  • I
    insm-lässt-grüßen

    liebe bild...ähhm...taz, mein ich natürlich,

    wie kann es sein, dass hier solch schlechte artikel veröffentlicht werden?

    egal wie kritisch man dem herren chavez und seiner politik gegenübersteht,sollte es doch versucht werden, die fakten darzustellen.

    es ist einfach eine behauptung oder (wenn wissentlich begangen) eine lüge, dass es der letzte "oppositionellen Fernsehkanal" wäre.

    wie sah eigentlich die situation vor 10 jahren aus? hat da meinungsfreiheit geherrscht oder wurde dort die meinung durch eine kleine minderheit beeinflusst?

    und zuguterletzt ist es ein widerspruch,wenn man anfangs die feststellung trifft, es gäbe nur noch einen "freien" sender und zum schluß "vale tv" erwähnt - oder seh ich das hier irgendwie nicht richtig... wer waren nochmal die beteiligten am putsch????

  • AL
    Anna Libsert

    Ach ja, da sehen wir mal wieder wessen Interessen Vogt hier vertritt. In den vergangenen 10 Jahren sind in Venezuela etwa 500 selbstverwaltete Basisradios entstanden und 12 selbstverwaltete lokale TV-Sender. Aber das hat ja nichts mit Medienvielfalt zu tun, denn sie sind ja nicht kommerziell. Medienvielfalt ist für den Vogel Vogt nur der Pluralismus kommerzieller Sender. Pressefreiheit ist also die Freiheit mit Geld Sendefrequenzen zu kaufen... tolle Vorstellung von Meinungsvielfalt.

  • ER
    ernesto r.

    da schreiben die deutschen sozialisten aber wütend gegen die taz. hattet ihr nicht genug sozialismus, das euch solche menschen nicht skeptisch machen? in venezuale gibt es keine unabhängige tv mehr. jeder der seine meinung sagt, die gegen chavez ist riskiert seinen job zu verlieren und wenn es tv-stationen sind, dann ihre lizenz.

     

    das ist keine rechte propaganda sondern das leben in venezuela. wenn ihr deutschen sozialisten es nicht besser wist, fahrt dahin, sehr euch die volksmilizen an und hört euch die ständigen dauersendungen vom führer an ...

  • TG
    Thomas Grüner

    Nur noch Vogtivisión?

     

    Nicht nur üble rechte Propaganda veröffentlichen, sondern auch noch jeden Kommentar dazu zensieren. Taz-LeserInnen dürfen nicht die Wahrheit erfahren.

     

    http://amerika21.de/blog/2010/07/5528/taz-leserbrief

     

    Warum wurde dieser Beitrag hier zensiert? Wer hat mehr Angst vor anderen Meinungen Chávez oder die taz?

  • S
    Sonnenkind

    Ach wie herrlich ist doch der Sozialismus. Endlich nur noch eine Meinung. Meinungsvielfalt verwirrt nur und lenkt von der Wahrheit ab.

  • EE
    Ein ehemaliger Leser

    Einfach schade was aus der taz geworden ist.

  • TG
    Thomas Grüner

    Da hat Jürgen Vogt wieder zugeschlagen... Keine Ahnung von der Materie, aber schön aus allen rechten Medien die Propaganda abschreiben.

    Globovisión keineswegs der einzige Oppositionssender in Venezuela. Nach wie vor sind etwa 80 Prozent des Sendespektrums in den Händen kommerzieller Oppositionssender. Da hätte es genügt sich mit dem "Venezolanischen Medienobservatorium" in Kontakt zu setzen (im Übrigen eine Initiative von Le Monde Diplomatique). Nun mag Globovisión der Presse erzählen was es will, und die Rechte Propagandamaschinerie mag es auch übernehmen, aber müssen Vogt und die taz es auch tun? Ein Blick auf die Gesetze hätte gereicht... und so musste auch Globovisión zugeben, dass der Staat natürlich das Recht hat einen Vertreter in den Aufsichtsrat zu verschicken.

    Quatsch ist auch die Behauptung der Globovisión-Teilhaber Zuloaga sei juristisch verfolgt worden, weil weil er "Luxusautos illegal gekauft und genutzt" habe. Sondern er hat als Teilhaber an einer Autohauskette Neuwagen illegal gehortet und die künstlich erzeugten Wartezeiten dazu genutzt die Preise zu erhöhen. Bei einer Durchsuchung seiner Villa wurden ewa 20 Neuwagen gefunden und außerdem zwei Räume voll mit illegalen ausgestopften Wildtieren, Fellen von Raubkatzen, Köpfen von ausgestorbenen Tieren usw., ihn dann anzuklagen scheint kein besonderer Affront gegen die Pressefreiheit oder meint Jürgen Vogt oppositionelle Medienbesitzer sollten bei Verbrechen straffrei ausgehen?

    Die Banco Federal hat übrigens etwa 750 Millionen Dollar illegal abzogen und die Kunden leer ausgehen lassen, deswegen ist die Bankenaufsicht interveniert.

    Herr Vogt leidet auch etwas unter verschobener Realitätswahrnehmung, wenn er schreibt, Chávez habe isch "in der vergangenen Woche mehrfach mit der katholischen Kirche angelegt". Die Aggression ging von Kardinal Urosa aus, der Chávez und die Regierung als "vergammelt" bezeichnete und denen er Vorwarf eine "kuba-marxistische Diktatur" in Venezuela einzurichten, gegen die Widerstand geleistet werden müsse. Die gleiche katholische Kirche war auch am Putsch gegen Chávez 2002 beteiligt und behauptete nach der Schlammlawine in der Region Vargas 1999, bei der über 10.000 Menschen umkamen, diese sei die gerechte Strafe Gottes gewesen, weil versucht werde eine neue Verfassung zu verabschieden... die taz wäre gut damit beraten etwas ernsthafter zu berichten und Vogt an den Rheinischen Merkur oder Radio Vatikan zu verweisen, da wären seine Märchen gut aufgehoben.

  • H
    Hagen

    Wird Zeit, dass man diesen Typen endlich liquidiert. Die CIA ist auch nicht mehr das, was sie mal war.

  • R
    Riin

    Ihr bringt diesen Artikel im Zwei-Monats-Takt. Seit 4 Jahren. Diesmal habt ihr sogar das letzte Mal verlinkt, wo ihr ihr gebracht habt. Ich muss sagen, die Opposition in Venezuela ist ganz schön schwer kaputt zu kriegen. Die sind praktisch unverstaatlichbar. RCTV wird ja auch seit Jahren immer wieder verboten, geschlossen und alle Mitarbeiter erhängt, und die senden trotzdem noch munter weiter.

  • PW
    Peter W.

    Ich finde das voll sozial gerecht wenn die Medien verstaatlicht werden. Darum bin ich auch Wähler der LINKEN.

    Schließlich wäre es ja voll doof wenn der Klassenfeind auch seine Meinung im TV sagen darf.