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TV-Gebühren-KommentarEin bisschen Staatsferne

Kommentar von Steffen Grimberg

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist wegweisend. Doch auch wenn die Politik bei ARD und ZDF nichts zu suchen haben soll - in den Gremien der Sender sitzt manch Ministerprädident.

Bild: taz

Steffen Grimberg ist Medienexperte der taz

Am Ende gibt es also zwei Sieger: Die öffentlich-rechtlichen Sender betonen zufrieden, sie hätten ihre Ziele erreicht. Und auch die Politik feiert einen großen Erfolg. Das zeigt zwar Konsensdeutschland von seiner besten Seite, passt aber leider nicht zusammen.

Ja, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist wegweisend - da hat SPD-Ministerpräsident Kurt Beck recht. Denn es hat die Staatsferne, jenes reichlich theoretische Konstrukt der deutschen Rundfunkordnung, nachdrücklich bestätigt: Die Politik hat bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr, die ARD, ZDF & Co. finanziert, nur sehr wenig mitzureden. Abstriche dürfen auch künftig nur aus sozialen Gründen bei detaillierter und überprüfbarer Begründung erfolgen. Nicht zulässig sind Kürzungen wie 2004 mit Blick auf den "Wettbewerb der Medien" zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern oder zur populistischen Imagepflege nach dem Motto, alle müssten den Gürtel enger schnallen. Das ist ein klarer Erfolg für die klagenden Sender. Die Gebühren ab 2009 werden also wieder staatsfern festgelegt - und steigen.

Staatsferne sollte aber auch in den Anstalten selbst herrschen. Doch davon kann weiterhin keine Rede sein: In den Selbstverwaltungsgremien von ARD, ZDF und Deutschlandradio wimmelt es weiter von aktiven PolitikerInnen und Parteimitgliedern.

Die Bundesländer feiern peinlicherweise, dass ihnen Karlsruhe noch einmal ganz offiziell aufgetragen hat, zu definieren, was genau der öffentlich-rechtliche Rundfunk überhaupt leisten soll. Das war eigentlich völlig unstrittig, aber eine Aufgabe, der sich die Politik in den letzten Jahren immer mehr entzogen hat. Es wäre dringend geboten, dass sich die Länder endlich wieder dieser Herausforderung stellen. Sollte das Urteil dazu beitragen, wäre es tatsächlich ein Sieg.

Doch hier ist Skepsis angebracht: Die umstrittenen Internetstrategien der Öffentlich-Rechtlichen sind schließlich erst von deren Gremien beraten und abgesegnet worden. Gremien, in denen so mancher Ministerpräsident sitzt. Doch nun beweinen viele Politiker diese angeblichen Online-Exzesse, die vor allem den Privatsendern und Zeitungsverlegern nicht passen.

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