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TV-Finale für "Kommissarin Lund"Lund statt Schund

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Fortbildungsmaterial für Krimiautoren: das Finale der grandiosen "Kommissarin Lund" (So., 22 Uhr, ZDF), der Serie für Freunde von Abgründen und Feinsinn.

Komissarin Sarah Lund inmitten des Ermittlungs-Puzzles. Bild: zdf/tine harden

Um einmal autoritäre Fantasien zu bedienen: Dieses TV-Serienfinale sollten deutsche Filmproduzenten, Programmverantwortliche, Drehbuchschreiber und Intendanten sehen müssen.

Seit neun Wochen bietet - man möchte diese Programmentscheidung preisen und loben noch und noch - das ZDF sonntags ab 22 Uhr den Zehnteiler "Kommissarin Lund". Gut 18 Stunden Drama um einen einzigen Mord, dem an einer jungen Kopenhagenerin, inszeniert als Stück, das in 20 Tagen spielt.

Diese Serie ist seit Ende September der Dauerbeweis, dass sich der "Tatort" in der ARD zuvor kaum lohnt für echte Krimifreunde. Zu viel vorsätzliche Psychologisiererei, Menschelei und Pseudospannung, meist nur: Schnurren, nein, Sedativa.

"Kommissarin Lund" hat fast shakespearehaftes Format. Die Bösen sind nicht immer ungut; die Kommissarin selbst ist im Grunde ein arbeitsmanisches Stück Rücksichtslosigkeit; die Geschichten um diesen bis Sonntagabend ungeklärten Mord sind ohne langweilende Zutaten entwickelt worden, keine spektakulären Autoverfolgungsjagden (Obacht: Rasanz!), keine brennenden Mülltonnen (Achtung: Elendsquartier), kein Gebrüll (hui: echte Emotion).

Diese Serie ist Fortbildungsmaterial und zugleich Mahnmal für die miese Qualität deutscher Krimifilme (sagen wir: abgesehen von "Unter Verdacht" mit Senta Berger). Wir Freunde von Abgründen und Feinsinn haben am Sonntagabend eine letzte Verabredung mit Kommissarin Lund.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!

2 Kommentare

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  • Z
    Zuschauer

    Würde mir jemand ein Buch in 10 Teilen offerieren,per Woche einen Teil zukommen lassen,ich würde erst gar nicht anfangen zu lesen.

    Das Konzept einen Krimi zweieinhalb Monate über die Mattscheibe flimmern zu lassen,bis es zur Aufklärung kommt,ist mir persönlich dann doch etwas zuviel Langsamkeit.

    Realtimekrimis,Konzept wie 24,nein danke!!!!

  • B
    Berti

    Die 10 Folgen Lund waren für uns Krimiereignis schlechthin, wir wissen nun garnicht so recht, was wir nun vor "langer Fernsehweile" machen sollen.

    Die Messlatte ist hoch gestellt die wohl kaum zu toppen sein sollte. Tatort und Co.haben schon lange keinen Reiz mehr.