Systemrelevante Kreditinstitute: 28 Banken "too big to fail"
Nach der Lehman-Pleite muss endlich mehr Marktdisziplin her. Großbanken brauchen künftig mehr Eigenkapital zur Absicherung. Wen trifft's?
FRANKFURT/M. rtr | 28 Banken in 17 Ländern sind nach Ansicht der Finanzaufsicht derzeit so groß, dass ihr Zusammenbruch das ganze Finanzsystem ins Wanken bringen könnte. Sie sollen mit einem Eigenkapitalaufschlag daran gehindert werden, zu große Risiken einzugehen und noch mächtiger zu werden, erklärten der Baseler Ausschuss und der Finanzstabilitätsrat (FSB) unter Führung des nächsten EZB-Chefs Mario Draghi in einem am Dienstag in Basel veröffentlichten Diskussionspapier. Im November wollen die Regierungschefs der G-20-Staaten auf ihrem Gipfel in Cannes entscheiden, wie systemrelevante Banken kontrolliert werden können.
Die Namen der Institute wollten die Aufseher nicht veröffentlichen. Das hinderte Finanzexperten jedoch nicht, ihre eigenen Einschätzungen abzugeben. Die Deutsche Bank gilt als gesetzt. Vorstandschef Josef Ackermann rechnet damit, dass sie den größten Zuschlag von 2,5 Prozentpunkten auf die in den Eigenkapitalrichtlinien von Basel III ab 2013 für alle Banken geforderten sieben Prozent aufbringen muss.
Die Financial Times Deutschland berichtete unter Berufung auf Eingeweihte, auch die Commerzbank werde als systemrelevant eingestuft. Aus dem Institut gab es dazu keinen Kommentar. Die beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse haben wegen ihrer Bedeutung für die Wirtschaft des Landes ohnehin bereits höhere Quoten auferlegt bekommen.
Mit den neuen Regeln ziehen die Aufseher die Konsequenz aus der Finanzkrise, in der die Pleite von Lehman Brothers die Branche erschüttert hatte. "Es gab keine ordentliche Marktdisziplin, was die Bewältigung der Krise erschwert hat", sagte Draghi. Die erhöhten Eigenkapitalanforderungen sollten das Finanzsystem sicherer machen. Mit der möglichen Systemrelevanz großer Versicherer wollen sich die Aufseher später befassen.
Hurra, systemrelevant!
Wie hoch die Aufschläge sind, richtet sich nach einem Punktesystem, das Größe, Verflechtung im System, Komplexität, Internationalität und die Frage bewertet, ob sie bei einem Ausfall ersetzbar wären. Der Aufschlag liegt zwischen 1 und 2,5, im Ausnahmefall auch 3,5 Prozentpunkten. Einmal im Jahr soll die Liste überprüft werden.
Ein Problem ist, dass Investoren systemrelevante Banken schätzen: Diesen wird offiziell bestätigt, so groß zu sein, dass der Staat sie nicht fallen ließe - das könnte ihnen Vorteile bei der Refinanzierung bringen. Um falsche Anreize zu vermeiden, will der FSB Regeln einführen, wie solche mächtigen Institute in der Krise geordnet und damit gefahrlos für die Branche abgewickelt werden könnten.
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