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Syrien „nicht dafür und nicht dagegen“

Hafis al-Assad toleriert die palästinensische Teilautonomie / Indirekt Geheimverhandlungen Syriens mit Israel zugegeben / PLO schickt erste „Polizisten“ nach Gaza und Jericho  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

„An diesem historischen Punkt muß unsere arabische Nation die Vergangenheit mit allen ihren Schmerzen und all ihrem Elend hinter sich lassen. Einig und stark müssen wir uns der Zukunft und der sich herauskristallisierenden neuen Weltordnung stellen.“ Trotz solch pathetischer Worte gelang es PLO-Chef Arafat gestern nicht, die Außenminister der Staaten der Arabischen Liga zu einer einheitlichen Zustimmung für das Abkommen der PLO mit der israelischen Regierung zu gewinnen. Die Minister, die gestern in Kairo tagten, mochten die Vereinbahrung in einer Abschlußerklärung nur als „ersten Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung des Prinzips Land gegen Frieden“ würdigen.

Die Liga-Staaten Libyen, Irak, Syrien und Libanon stehen dem von der Führungsspitze der PLO mit den Israelis ausgehandelten Abkommen kritisch bis ablehnend gegenüber. Wichtigster Gegner Arafats ist dabei der syrische Staatschef Hafis al-Assad. Während der Irak und Libyen auch im arabischen Lager relativ isoliert sind, wiegt ein Nein zu dem Abkommen aus Damaskus schwer. Unter al-Assads Schutz residieren die wichtigsten Arafat-feindlichen Palästinenserorganisationen und die Regierung Libanons ist vom guten Willen Assads abhängig.

Bisher hatte sich al-Assad selbst zu dem Abkommen in Schweigen gehüllt und es der staatlich gelenkten syrischen Presse überlassen, den Teilautonomieplan als „Verrat“ zu geißeln. Gestern nun meldete sich al-Assad selbst zu Wort. Gegenüber der ägyptischen Tageszeitung Al-Achbar kritisierte er Arafats Alleingang: „Ein einzelner kann niemals so stark sein wie eine Gruppe. Von dem Abkommen hat nur Israel gewonnen und alle Araber haben verloren.“ Gleichzeitig signalisierte Assad aber auch, daß er die Realisierung des Abkommens nicht blockieren werde: „Wir sind nicht dafür und nicht dagegen“, habe er dem PLO-Chef bei dessen letzten Besuch die syrische Position dargelegt. Arafat habe sich dafür dreimal bei ihm bedankt. Indirekt bestätigte Assad Behauptungen aus Kreisen der PLO, Syrien habe selbst Geheimverhandlungen mit Israel geführt: „Wir haben eine Lösung für das Problem des Golan diskutiert, aber wir haben uns allem verweigert, was keine umfassende Lösung bedeutet hätte. Weder ich noch das syrische Volk waren bereit, einer Teillösung zuzustimmen.“

Arafat betonte vor den arabischen Ministern den Übergangscharakter des Abkommens: „Es ist nur ein Zwischenstadium, in dem nur ein kleiner Teil unserer Rechte verwirklicht werden.“ Vor einer endgültigen Lösung müsse erst noch der Status Jerusalems, die Frage der israelischen Siedlungen und die Zukunft der palästinensichen Flüchtlinge im Ausland geklärt werden.

Der PLO-Vertreter in Jordanien, Omar Chatib, erklärte am Sonntag, die PLO habe bereits 37 „Polizisten“ nach Jericho und in den Gaza-Streifen geschickt. Die Sicherheitskräfte seien in Jordanien ausgebildet worden und mit der Zustimmung Israels in die besetzten Gebiete gereist. Sie bildeten die Vorhut von insgesamt 20.000 Mann, die im Auftrag der PLO „Führer wie Hanan Aschrawi und Faisal Husseini schützen“ sollen. Den Kern dieser Truppe werden laut Chatib 3.000 Soldaten der Palästinensischen Befreiungsarmee (PLA) bilden.

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