Syrien-Konferenz in Kasachstan: Hohe Hürden für Friedensgespräche
Die Konferenz in Astana könnte zumindest eine Vertiefung der Waffenruhe erbringen. Aber die Widersprüche werden bleiben.
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Doch die Aussichten sind gering. Die drei Schirmherrn der Konferenz, Russland, Türkei und Iran, konnten sich im Vorfeld noch nicht einmal auf konkrete Verhandlungsziele einigen.
Bei den von der UNO moderierten Genfer Gesprächen zwischen der Regierung von Baschar al-Assad und dem Oppositionsbündnis „Hoher Verhandlungsrat“ (HNC) im Frühjahr letzten Jahres lag immerhin ein vom Sicherheitsrat einstimmig verabschiedeter Fahrplan bis Mitte 2017 vor.
Landesweiter Waffenstillstand, Einsetzung einer Übergangsregierung aus Vertretern des Assad-Regimes und der Opposition, Ausarbeitung einer neuen Verfassung und schließlich freie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Dieser Verhandlungsansatz der UNO scheiterte aus Gründen, die sämtlich weiterhin bestehen.
Kurden bleiben außen vor
Auf dem syrischen Schlachtfeld gibt es derzeit mehr als 100 bewaffnete Milizen. Doch wer darunter ist eine „legitime Oppositionsgruppe“, die zu politischen Verhandlungen eingeladen und in Waffenstillstandsvereinbarungen eingebunden werden soll? Und wer ist neben dem „Islamischen Staat“ und dem syrischen Al-Qaida-Ableger Fatah al-Scham ebenfalls eine „Terrorgruppe“, die weiterhin militärisch bekämpft werden soll?
In dieser zentralen Streitfrage konnten sich die USA und Russland im letzten Jahr trotz neunmonatiger intensiver Verhandlungen nicht einigen. Sie besteht weiter fort, heute zwischen der Türkei auf der einen sowie Russland und Iran auf der anderen Seite. Bei der Konferenz in Astana sitzt daher nur ein Teil der islamistischen Rebellengruppen am Tisch, andere – darunter die beiden militärisch stärksten – sind nicht vertreten.
Zudem setzte die Türkei wie schon vor den letztjährigen UN-Gesprächen erneut durch, dass die Kurden, die größte ethnische Minderheit Syriens, nicht eingeladen sind. Sie werden von Ankara als Terroristen eingestuft und militärisch bekämpft.
Assad nicht unter Druck
Der zweite zentrale Streitpunkt, der die Genfer UN-Gespräche zwischen der syrischen Regierung und Opposition völlig blockiert hatte, ist die Zukunft von Präsident Assad. Hier sind die Widersprüche zwischen den drei Schirmherrn der Astana-Konferenz zwar nicht mehr so groß, nachdem die Türkei ihre Forderung nach dem Rücktritt Assads aufgegeben hat.
Aber nach dem mit massiver militärischer Unterstützung Russlands errungenen Sieg der Streitkräfte des Regimes in Aleppo steht Assad noch weniger als schon zuvor unter Druck, sich überhaupt auf irgendwelche Verhandlungen über seine politische Zukunft einzulassen.
Die in Astana vertretenen Oppositionsgruppen haben aber bereits angekündigt, sie wollten „die Gespräche sofort abbrechen, wenn es keine ernsthaften Bemühungen zur Bildung einer Übergangsregierung und zur Absetzung Assads“ gebe. Unter diesen Umständen dürfte die Konferenz in Astana im besten Fall eine Vereinbarung zur verbesserten Umsetzung der Waffenruhe erbringen, die offiziell bereits seit dem 30. Dezember in Kraft ist, aber immer wieder verletzt wird.
Zudem werden nach Angaben der UNO weiterhin 15 syrische Orte mit insgesamt 500.000 Einwohnern belagert – 13 davon durch Regierungstruppen. Einige dieser Ort sind bereits seit 2014 sind völlig von der Außenwelt und jeglicher humanitärer Versorgung abgeschnitten. Weitere fünf Millionen Menschen leben in Regionen, die wegen Behinderungen durch die eine oder andere Konfliktpartei für die humanitären Organisationen der UNO „schwer zugänglich“ sind.
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