Svenja Bergt über den Wachstumsboom der Biobranche: Ein Ziel ist nicht genug
Weniger Pestizide, mehr Platz für Tiere, weniger Zusatzstoffe, ein besserer Geschmack – es sind ganz unterschiedliche Gründe, die VerbraucherInnen immer öfter zu Bioprodukten greifen lassen und der Branche zweistellige Wachstumszahlen bescheren. Egal wie echt oder gefühlt diese Vorteile sein mögen, eines geht häufig unter: Bei Bio geht es eigentlich um mehr.
Bioprodukte zu kaufen ist kein Trittbrettfahrertum. Im Gegenteil: Es bedeutet einen vergleichsweise kleinen individuellen Vorteil bei einem deutlichen individuellen Nachteil – nämlich dem höheren Preis –, aber vor allem eines: einen großen Vorteil für die Allgemeinheit. Denn durch Gülle verseuchte Gewässer, mit Nitraten überdüngte Böden und Pflanzenschutzmittel, die früher oder später praktisch überall landen, sind ein Problem des konventionellen Anbaus.
Doch ein wachsender Markt bringt auch wachsende Probleme. Das zeigt eine Entwicklung, die maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass der Marktanteil von Bioprodukten wächst: Immer mehr Discounter erweitern ihr Angebot. So wird Bio vom Nischenprodukt, das KundInnen suchen mussten, zur besonders angepriesenen Ware mit eigenen Regalmetern. Discounter, das heißt zwar Akzeptanz in der Masse, aber eben auch niedriger Preis und Preisdruck, der an die Erzeuger weitergegeben wird. Das kann zum Problem werden, wenn sich die Biohersteller bedingungslos in die Discounter-Logik einfügen.
Hier kommen die Standards ins Spiel. Es reicht nicht, dass die Bundesregierung ein 20-Prozent-Ziel festlegt und VerbraucherInnen beklatscht, wenn die vermehrt zu Bio greifen. Wenn die höhere Nachfrage dazu führt, dass Erzeuger die Produktion um jeden Preis steigern wollen und dafür auch verbotene Pestizide oder Medikamente einsetzen, ist damit nichts gewonnen. Mit der Glaubwürdigkeit ist es dann schneller vorbei, als die Landwirte wieder auf konventionellen Anbau umstellen können.
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