Svenja Bergt über Wachstum ohne Rücksicht: Nummer eins um jeden Preis
Fast eine Milliarde US-Dollar – diesen Betrag hat Fahrtenvermittler und Taxi-Konkurrent Uber bei seiner letzten Finanzierungsrunde eingesammelt. Damit ist das Unternehmen mehr als 50 Milliarden US-Dollar wert. Obwohl es Verluste einfährt.
Natürlich, so funktioniert gerade der Markt: gründen, investieren, wachsen, weiter investieren, noch mehr wachsen und darauf hoffen, irgendwann die Nummer eins zu sein, Profit zu machen und damit die Investoren glücklich. Uber sind da nicht die Einzigen. Auch Gründungen aus dem Hause Rocket Internet funktionieren so – zumindest ist das die Idee. Das Problem wird dann von einem finanziell unternehmerischen zu einem gesellschaftlichen, wenn das Geschäftsmodell zweifelhaft ist. Wenn die Arbeitsbedingungen ausbeuterisch sind, das Unternehmen an gesetzlichen Regelungen vorbei agiert und dabei auch noch Dritte Schaden nehmen können.
Doch die neue Milliarde zeigt: Die Investoren glauben, dass es so funktioniert. Dass diese Art von Geschäften eine Zukunft hat. Und sie haben allen Grund dazu. Denn die Behörden – gerade in Europa – zeigen auch in anderen Fällen keinen übermäßigen Aktionismus. Facebook sammelt und verknüpft haufenweise Daten und lässt auch US-Geheimdienste daran teilhaben? Starbucks zahlt hierzulande praktisch keine Steuern? Amazons Händler umgehen Vorschriften zu Umwelt und Produktsicherheit? Och.
Bis sich zeigt, wer die Nummer eins wird, unterbieten sich die Unternehmen gegenseitig. Je mehr Risikokapital sie haben, desto länger der Atem. Dabei hinterlassen sie eine Menge verbrannter Erde. Ein Einkaufsdienstleister war sogar schon auf die Idee gekommen, Pfandflaschen, die Kunden den Einkäufern mitgeben, damit sie den Erlös behalten können, auf den Verdienst anzurechnen. Mit Verantwortung hat das nichts zu tun. Und was Uber angeht: Mit den ökologischen und sozialen Werten der Share Economy, zu der sie so gern gehören wollen, schon gar nicht.
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