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Susanne Knaul über den Siedlungsbau in OstjerusalemNicht nur rosige Zeiten

Die Ankündigung von Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat, Hunderte neue Wohnungen in der Siedlung Ramat Schlomo bauen zu lassen, hat unmittelbar nichts mit einem „Trump-Effekt“ zu tun. Die Stadtverwaltung braucht genauso wenig wie Israels Regierung eine Zustimmung aus dem Weißen Haus, bevor sie Wohnraum für neue Siedler schafft. In Ramat Schlomo leben heute schon 20.000 jüdische Israelis. Ein „Trump-Effekt“ mag allenfalls die Verzögerung der Baugenehmigungen bewirkt haben, nur um einer Verurteilung durch Ex-US-Präsident Barack Obama zu entgehen.

Jerusalem, der „ewigen Hauptstadt des jüdischen Volkes“, wie Donald Trump es sieht, stehen nichtsdestotrotz rosige Zeiten bevor – zumindest aus der Perspektive derer, die den Ton angeben in der Stadt. Bürgermeister Barkat richtete eigens eine Webseite ein, um Trump in seinem neuen Amt willkommen zu heißen, inklusive Videobotschaft und Unterschriftensammlung, damit auch Otto Normalbürger ihre Unterstützung der neuen US-Politik zum Wohle Israels kundtun können. Trump kündigte den baldigen Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem an und lässt damit die Herzen der Freunde Großisraels höher schlagen. Infolgedessen hält die Regierungspartei Likud schon einen passenden Gesetzentwurf parat, um Teile des Westjordanlandes schrittweise zu annektieren, angefangen bei Maale Adumim, der ersten jüdischen Stadt auf palästinensischem Boden. Dumm nur, dass zwischen Maale Adumim auf der einen Seite und der Mauer von Jerusalem auf der anderen noch Tausende Palästinenser eingequetscht sind.

Als „die letzten Zuckungen einer Welt von gestern“ bezeichnete Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu den Friedensgipfel in Paris, wo Politiker aus 70 Staaten zur Zweistaatenlösung mahnten. Netanjahu und Trump sind aufgerufen, ihre Welt von morgen zu erklären. Wie, wenn nicht mit zwei Staaten für die zwei Völker, soll der Konflikt beendet werden? Die Möglichkeit für Palästinenser in Ostjerusalem, israelische Staatsbürger zu werden, wird immer stärker zur Fiktion. Man will sie nicht in Israel, und man will kein Palästina.

Trumps und Netanjahus Rechnung kann nicht aufgehen. Schon der Umzug der Botschaft wird Proteste und neue Gewalt auslösen.

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