piwik no script img

■ SurfbrettDie Welt wird klein bleiben

Wenn einmal der letzte Haushalt ans Internet angeschlossen ist, wird sich herausstellen, daß die Welt keineswegs größer geworden ist. Global ist das Netz nur in der Theorie, in der Praxis ist es lokal. Darauf hat sich die deutschsprachige Suchmaschine „DINO“ (www.dino-online.de) schon jetzt eingestellt. Wenig verwunderlich übrigens, Dino, einst als Testprogramm der inzwischen abgewickelten Computerabteilung von Siemens ans Netz gegangen, hat von Anfang an versucht, die Navigation im Internet eher durch Handarbeit als durch die pure Masse von Adressen zu erleichtern. Vorbild ist das thematisch strukturierte, handverlesene Verzeichnis von Yahoo, das allerdings nie ganz erreicht werden konnte, weil die Datenbasis künstlich auf deutsche Adressen begrenzt ist und die Suchrubriken ein wenig an büroamtliche Geschäftsverteilungspläne erinnern. Daraus ist eine Tugend geworden. Dino bietet einen neuen Verzeichnisbaum an, dessen Ordnungsprinzip schlicht aus den deutschen Postleitzahlen besteht. Dieses Suchraster aus der Zeit der Staatspost führt überraschend schnell dorthin, wo nicht die imaginären Netzbürger der Zukunft, sondern die Nachbarn von heute leben. Sachsen zum Beispiel klicken auf die Nummer „0“ und landen bei einer Karte der Postbezirke ihres Bundeslandes. So kommen sie über Radebeul und Radeberg immer tiefer hinunter. Ganz unten im Land allerdings ist die Netzkarte noch ziemlich leer, doch die weißen Flecken werden zusehends kleiner. Immer mehr Handwerksbetriebe leisten sich eine eigene Website, die Lokalzeitungen bieten Lokaltermine und Kleinanzeigen an. Auch die Parteien beginnen ein dörfliches Hinterzimmer online einzurichten, wenn auch nicht immer mit Erfolg. Der Kreisverband der Grünen von Hermsdorf etwa schickt die Gäste aus dem Internet ohne Kommentar weiter zur Homepage der Bündnisgrünen in Bonn. Dafür wäre der Umweg über Sachsen nicht nötig gewesen. Wahrscheinlich steckt ein politisches Problem dahinter, das keine Suchmaschine der Welt lösen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen