■ Surfbrett: Schlechter Geschmack ist guter Geschmack
Satire gelingt in deutscher Sprache selten, im Web ist sie eine große Ausnahme trotz der zahlreichen Spaß-Seiten, die es inzwischen gibt. Zu den Ausnahmen gehört das Onlinemagazin „Attacke“ (www.attacke.com). Die Autoren versuchen gar nicht erst, auf die amerikanisch-kindische oder britisch-verschrobene Art komisch zu sein, sie wissen, daß es in deutsch nur mit dem Holzhammer und unterhalb jeder Geschmacksgrenze geht. In der neusten Ausgabe bekommt Bayerns Ministerpräsident Stoiber deshalb ein Hitlerbärtchen verpaßt für seine Forderung, daß Ausländer ordentlich Deutsch lernen sollten, wenn sie hierbleiben wollen. „Lernen macht frei“, sagt dazu die „Attacke“, Buchenwald und Auschwitz waren Sprachschulen, und noch heute hätten einsame Blondinen nachts auf der Straße weniger Probleme, wenn die Türken endlich das Wort „ficken“ lernen würden: Das sind die Witze, die an der richtigen Stelle schmerzen, deutsche Wertarbeit eben. Zwar bewegt sich nicht die ganze Ausgabe auf diesem Niveau, politisch korrekte Sprüche und Pennälerfrohsinn wird man aber zum Glück nicht finden.
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