■ Surfbrett: Die Geheimdienste surfen am besten
Der britische Journalist Duncan Campell hat im Auftrag der EU eine Fleißarbeit abgeliefert, die auch noch die letzten Illusionen beseitigt, die man mit dem Internet verbinden mag. Die Adresse www.iptvreports .mcmail.com/ ic2kreport.htm ist Rohmaterial für ein gutes Dutzend Agententhriller. Niemand surft so perfekt wie die Geheimdienste, allen voran natürlich die amerikanische National Security Agency (NSA). Aber schon lange, nämlich seit dem zweiten Weltkrieg, waren auch die britischen Agenten fest eingebunden in das Netzwerk der zweiten Art, das Duncan gerne „Sigint“ oder „Comint“ nennt. Die Abkürzungen bedeuten „Signal Intelligence“ oder „Communication Intelligence“: Was auch immer über elektromagnetische oder optische Wellen übertragen wird, ist ein Objekt der Ausforschung. Duncan beschreibt, wie auch Glasfaserkabel, die oft als abhörsicher gelten, geknackt werden können. Ein Kinderspiel dagegen waren immer schon die Radiowellen, aber fast noch leichter ist es, die Datenpakete der später hinzugekommenen Internetverbindungen zu filzen. Alle wichtigen Netzknoten in den USA sind von Anfang an abgehört worden. Als das Pentagon sein Stammnetz verkaufte, hat sich daran nichts geändert. Vielmehr hat das FBI unter dem Kürzel ILETS („International Law Enforcement Telecommunications Seminar“) eine eigene Sonderabteilung zur Überwachung des Internets aufgebaut. Damit erhalten auch Ermittlungsbehörden und sogar Wirtschaftsunternehmen Zugang zum Geheimdienstmaterial. Duncan zeigt, daß die soeben beschlossene „Enfopol“-Richtlinie der EU lediglich versucht, den längst etablierten amerikanischen Abhörstandard nachzuholen. Nur eine einzige Vermutung konnte er nicht bestätigen: Die Geheimdienste suchen in E-Mails und Webseiten nicht nach Schlüsselworten. Diese kindliche Methode läßt sich viel zu leicht überlisten. Die NSA wird der ungeheuren Datenflut mit anderen Algorithmen Herr. Welche das sind, weiß auch Duncan nicht. Er hat nur veröffentlichte Fakten zusammengetragen.
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