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■ SurfbrettDer Kanal für die Superschnellen

Seit Sonntag ist Kirchs neuer Nachrichtenkanal auf Sendung, „N24 heißt das maßgeschneiderte Produkt für all diejenigen, die nach Meinung des Senders unheimlich stark auf Wirtschaft stehen und deshalb keine Zeit für Informationen haben, die mehr als drei Hauptsätze enthalten. Wie das im Fernseher aussieht, muss man sich nicht im Fernseher ansehen, N24 ist selbstredend auch im Web zu empfangen, und zwar – wer hätte es gedacht? – unter www.n24.de. Erstaunlich, wie viel freie Zeit die smarten Jungs aus der Zielgruppe haben, sobald sie ihre Nachrichten schlürfen. Auch die neusten Meldungen sind meistens gute zwei Stunden lang abgehangen und in der Regel so kurz abgefasst, dass sie mühelos als Pausenfüller zwischen die Werbeblocks passen. Nur gibt es die auf der Website nicht, weshalb sie zur trostlosen Sorte gehört, dort aber einen Spitzenplatz beanspruchen darf. Denn selten ist ein so vollständiger Mangel an journalistischer Substanz als Nachricht verkauft worden.

Die Redaktion von N24 hält es nicht einmal für nötig, die Quellen ihrer Textchen zu nennen, vermutlich handelt es sich um die paar Sätze, die sie beim Blitzlesen von Agenturmeldungen verstanden hat. Besonders grotesk wirkt sich diese Methode im Ressort „Wissenschaft“ aus, das seinerseits die Abteilung „N24 aktiv, das Gesundheitsmagazin“ enthält. Es will nichts weniger als „zeigen, wie man trotz Karrieredruck und Zeitmangel mit geringem Aufwand etwas für sein Wohlbefinden tun kann: von der Gesundheitsvorsorge bis zum persönlichen Wellness-Programm“. Folgt unter der gestammelten Überschrift „WHO – Früherkennung und Therapie von psychischen Erkrankungen in Deutschland“ die durchaus aktuelle Frage: „Fühlen Sie sich lustlos, sind Sie häufig nervös und unruhig, vielleicht ängstlich und schreckhaft, haben weniger Appetit als früher, fühlen sich einfach miserabel?“ N24 rät, in solchen Fällen einen Arzt zu befragen, möglicherweise reicht es aber auch schon aus, N24 abzuschalten. niklaus@taz.de

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