Süwarenhersteller prüft Alternativen: Feldzug gegen Schokokippen

Zigaretten aus Schokolade und Kaugummi bewirken Ungewöhnliches: Tabakgegner und Tabakindustrie sind einer Meinung. Das verführerische Zeug soll aus den Läden.

Keine Schokoladenzigarette mehr: Minderjährige raucht in der Schulpause. Bild: dpa

BERLIN taz Man darf sie auf keinen Fall anzünden. Dafür kann man abbeißen oder sie ganz in den Mund schieben, um den süßen Geschmack genießen. Sie sind aus Schokolade oder Kaugummi, heißen "Well" oder "Blue Blend" und stecken in Päckchen wie ihre Artverwandten: Schokoladen- oder Kaugummizigaretten. Noch etwas haben sie mit Tabakzigaretten gemeinsam: Krebsforscher und Nichtraucherlobby kämpfen gegen sie.

"Kinder werden durch zigarettenähnliche Produkte an den Konsum von Zigaretten herangeführt", heißt es in einer Veröffentlichung des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg. "Dadurch tragen sie dazu bei, dass Kinder Rauchen als normales Verhalten ansehen."

Johannes Spatz vom Berliner Forum verweist zudem darauf, dass häufig in Giftzentralen Eltern anriefen, weil ihre Kinder echte Zigarettenstummel gegessen hätten. Verschlucktes Nikotin kann tödlich sein. Spatz hält es für plausibel, dass Kleinkinder eine Nikotin- für eine Schokoladenzigarette halten. Das Forum Rauchfrei hat einige Handelsketten schriftlich aufgefordert, keine Schoko- und Kaugummikippen mehr zu verkaufen. Schon Ende Oktober kündigte die Kaisers/Tengelmann AG an, Schoko- und Kaugummizigaretten aus dem Sortiment zu nehmen und nur noch die Reste in den Regalen zu verkaufen. Am 6. November folgte Edeka, von Metro und Woolworth ist noch keine Entscheidung bekannt.

Den Tabakgegnern reicht das nicht. Sie fordern ein Verbot. Auch die Heidelberger Krebsforscher und sogar der Bundesverband der Verbraucherzentralen verlangen, den Handel mit den Nikotinattrappen gesetzlich zu unterbinden. Etwa in Großbritannien, Kanada und Norwegen gebe es schon Verbote. Dass Zwölfjährige rauchen, sei nach einer Studie doppelt so wahrscheinlich, wenn sie Schokozigaretten konsumiert hätten - egal ob ihre Eltern Raucher oder Nichtraucher sind. "Ein Zusammenhang zwischen Schokoladenzigaretten und der späteren Aufnahme des Rauchens ist nachweisbar", schreibt das Krebsforschungszentrum.

Das besondere am Kampf gegen die Schokoladenzigarette ist, dass er zu einer seltenen Meinungsgleichheit führt: Auch die Tabakindustrie marschiert mit. "Wir sind für einen aktiven Jugendschutz", erklärt die Geschäftsführerin des Deutschen Zigarettenverbandes, Marianne Tritz: "Kinder und Jugendliche dürfen nicht über eine Schokoladen- oder Kaugummizigarette zum Rauchen verführt werden." Es gebe bessere und schönere Formen, Schokolade und Kaugummi zu sich zu nehmen, findet Tritz.

Und die Kaugummischokozigarettenindustrie? Gibt es in Deutschland kaum. Das meiste kommt aus dem Ausland. Nur die Firma Hitschler International in Köln stellt "Kaugummi-Sticks" her. Auf einem Päckchen ist ein lustiger Admiral zu sehen auf einem anderen kreist ein kleines Flugzeug um den Erdball. Oliver Neu ist der Marketingchef von Hitschler. Er hat die Diskussion schon mitbekommen. "Obwohl das Produkt einen verschwindend geringen Anteil am Gesamtumsatz hat." Jetzt überlege er: "Passt das Produkt in die Welt oder nicht? Ein Teil der Verbraucher sagt ,Nein' und ich kann das nicht gegen den Willen der Verbraucher durchsetzen." Deshalb arbeite er an "alternativen Konzepten." Heißt: Der Kaugummi könnte bald woanders drinstecken.

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