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Südliches Afrika diskutiert EingreifenKongo-Konflikt mit neuer Partei

Greifen südafrikanische Staaten im Ostkongo ein? In der Region wie auch in den jeweiligen Zivilgesellschaften stoßen solche Pläne auf Skepsis.

Bekommen vielleicht bald Unterstützung aus dem südlichen Afrika: Regierungssoldaten im Kongo. Bild: reuters

BERLIN/WINDHOEK taz | Truppen aus dem südlichen Afrika könnten bald in der Demokratischen Republik Kongo zum Einsatz kommen, um der bedrängten Regierungsarmee im Osten des Landes gegen die Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) zu helfen.

Seit dem Gipfeltreffen der Regionalgemeinschaft SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) in Mosambik am 17. und 18. August zirkulieren Berichte, wonach Südafrika und Angola als Teil einer SADC-Operation Truppen nach Ostkongo schicken könnten. Sie sollen sich zunächst auf Ausbildung und logistische Hilfe konzentrieren.

Der Gipfel warf Ruanda – das kein SADC-Mitglied ist – vor, die M23 zu unterstützen, und nannte Ruandas „Einmischung“ eine „Bedrohung des Friedens und der Stabilität der Region“.

Neutrale internationale Truppen

Doch inzwischen rudert die SADC zurück. Letzte Woche sagte der amtierende SADC-Vorsitzende, Mosambiks Präsident Armando Guebuza zu, dass die SADC mit der Regionalorganisation des Afrika der Großen Seen (ICGLR), die Kongo und seine Nachbarländer umfasst, kooperieren werde.

Die ICGLR ist federführend bei der internationalen Kongo-Diplomatie. Sie hat im Prinzip die Entsendung „neutraler internationaler Truppen“ in den Ostkongo beschlossen und kommt am Wochenende in Kampala zu einem weiteren Gipfel zusammen, um dies zu konkretisieren.

Ein Treffen der für Konfliktlösung zuständigen SADC-Troika aus den Präsidenten von Südafrika, Namibia und Tansania, das am Mittwoch in Daressalam endete, legte fest, dass die Regionalgemeinschaft nur auf ICGLR-Wunsch im Kongo intervenieren wird. Damit haben Ruanda und Uganda ein Veto. Das soll eine Neuauflage der panafrikanischen Konfrontation beim letzten großen Kongokrieg 1998–2003 vermeiden: Damals standen sich im Kongo die Armeen Ruandas und Ugandas auf Rebellenseite und Truppen aus Angola, Simbabwe und Namibia auf Regierungsseite gegenüber.

Empörung über Doppelspiel

Die Aussichten, dass sich beim Gipfel am Wochenende Ruanda gegen den Wunsch des Kongo nach SADC-Eingreifen durchsetzt, stehen gut. In einer Demonstration der Stärke hatte Ruanda am vergangenen Wochenende eine bisher geheime Mission ruandischer Spezialeinheiten im Ostkongo auf Regierungsseite beendet. 357 ruandische Soldaten, die seit 2010 nördlich der Distrikthauptstadt Rutshuru zum Einsatz gegen die ruandischen Hutu-Milizen der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) stationiert waren, überquerten am Samstag die Grenze in ihr Heimatland.

Kongos Regierung hat bisher Ruanda immer nur vorgeworfen, die M23-Rebellen zu unterstützen, die ruandischen Soldaten auf der eigenen Seite aber verschwiegen. Jetzt sind im Kongo viele über das Doppelspiel der eigenen Regierung empört.

Auch im südlichen Afrika gibt es Skepsis über einer erneuten Kongo-Intervention. Zivilgesellschaftliche Gruppen in Namibia, Angola und Simbabwe sprechen sich gegen neue Kongo-Abenteuer ihrer Länder au. Sie sagen, 1998 bis 2003 hätten die Armeen ihre Einsätze im Kongo vor allem zur Ausplünderung und privaten Bereicherung genutzt.

Namibia bremst stark. „Es ist schwer zu verstehen, was eine SADC-Truppe tun könnte, das die bereits stationierte UN-Truppe nicht tun kann“, sagte Verteidigungsminister Charles Namoloh. „Wir fragen uns, warum nicht die UNO ihre Truppen verstärkt.“ Namibias Präsident Hifikepunye Pohamba gilt als außenpolitischer Leisetreter, anders als sein Vorgänger Sam Nujoma. Der hatte ab 1998 namibische Soldaten mehrere Jahre lang im Kongo kämpfen lassen – zum Preis zahlreicher Toter und bis heute unbezahlter Rechnungen.

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