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Südkorea: Deutsche Firma sperrt aus

Arbeitskonflikt bei der ehemaligen Adler-Firma „Flair Fashion“/ 22 Prozent mehr Lohn gefordert  ■ Aus Seoul Peter Lessmann

Die südkoreanische Arbeiterin Yoon Hyang ist seit sechs Jahren bei dem deutschen Unternehmen „Flair Fashion“ in der freien Exportzone Iri beschäftigt. „Die Löhne liegen unter dem Durchschnitt koreanischer Betriebe, und wir können unsere Familien nicht ernähren“, sagt Yoon. Sie verdient umgerechnet 700 D-Mark, einschließlich aller Zulagen und Sondervergütungen. Der Hersteller von Bekleidung, wegen schlechter Bezahlung und Arbeitsbedingungen nicht zum erstenmal in den Schlagzeilen, gehört zur Firmenkette der Asko Deutsche Kaufhaus AG.

Seit Anfang Mai fordert die Belegschaft Lohnerhöhungen um 22 Prozent. Das koreanische Management will jedoch höchstens zehn Prozent zugestehen. Am letzten Donnerstag fuhren 48 Mitarbeiter von Iri nach Seoul, um bei der deutschen Botschaft gegen die skandalöse Firmenpolitik zu protestieren. Sie wollten direkt mit dem Vorstandschef der Asko in Deutschland verhandeln, forderten sie. Aber die ArbeiterInnen kamen erst gar nicht bis ins Botschaftsgebäude. Noch vor dem Eingang wurden sie von Polizisten vorübergehend festgenommen, ins Polizeipräsidium abtransportiert und noch am gleichen Tag ins 250 Kilometer entfernte Iri zurückgebracht.

Vor vier Jahren hatte es bei der Flair Fashion, damals noch im Besitz der Adler Bekleidungswerke, schon einmal Zoff gegeben. Es ging nicht nur um niedrige Löhne, sondern um Kündigungen, schlechte Arbeitsbedingungen und sexuelle Belästigungen der überwiegend weiblichen Angestellten. Die deutschen Manager gingen wenig später und überließen das Geschäft ihren koreanischen Kollegen.

Jetzt fordert die Belegschaft die Entlassung der inkompetenten Geschäftsführung. „Deutsche müßten wieder her, das sei die beste Lösung“, meint der Arbeiter Han Sang Don. Einer der Direktoren, Min Hyong Kee, schimpft auf die Unruhestifter und droht: „Seit Wochen wird nur noch sporadisch gearbeitet, und wir haben hohe Verluste gemacht.“ Wegen dieser illegalen Aktionen während laufender Lohnverhandlungen will das Unternehmen Strafverfahren einleiten. Seit dem letzten Mittwoch hat das Management die ArbeiterInnen ausgesperrt.

Gegenwärtig sind noch 700 Mitarbeiter bei der Flair Fashion in Iri beschäftigt, darunter 450 Frauen. Früher waren es einmal 1.700 ArbeiterInnen. Und so greift in Iri die Angst um den Arbeitsplatz um sich. Aber niemand weiß, welche Pläne das Unternehmen hat. Flair Fashion werde nicht dichtgemacht oder verkauft, sagt Direktor Min. Doch die Beschäftigten haben da ihre Zweifel: „Ausländische Firmen sind wie Zugvögel“, sagen sie. Dort, wo der Profit hoch und die Löhne niedrig sein, da zieht es sie hin.

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