Süddeutsche Zeitung: Das große Schweigen
Die Pressestelle der "Süddeutschen" ist dicht, Transparenz für die neuen Besitzer ein Fremdwort. Dafür denken sie über eine Gratiszeitung nach
"Süddeutsche Zeitung, Grüß Gott". - "Guten Tag, hier ist die taz-Medienredaktion, würden Sie mich bitte mit der Pressestelle verbinden?" - Aus diesem ganz normalen Vorgang im journalistischen Alltag wird seit gestern bei Deutschlands größter überregionaler Qualitätszeitung ein Dialog der etwas anderen Art. Denn Sebastian Berger, der Pressesprecher des Süddeutschen Verlags, zu dem neben der SZ noch ein ganzer Schwung an Lokalzeitungen und Fachtiteln gehört, hatte am Mittwoch seinen letzten offiziellen Arbeitstag. Und so landet man im Büro der Gesellschafter, und es entspinnt sich folgendes Gespräch:
SZ: "Herr Berger ist nicht mehr im Amt."
taz: "Wer macht denn künftig seinen Job?"
SZ: "Es gibt keinen Nachfolger."
taz: "Heißt das, die Pressestelle ist de facto abgeschafft?"
SZ: "Das ist richtig."
taz: "Wieso?"
SZ: "Dazu möchte ich nichts sagen."
taz: "Würde uns dann jemand der Gesellschafter diesen Schritt erklären?"
SZ: "Das denke ich auch nicht."
Denn die Gesellschafter der SZ sind seit Ende Februar die schweigsamen Herren von der Südwesteutschen Medienholding (SWMH) aus Stuttgart. Sie hatten schon vor Ostern die ursprünglich vorgesehene Online-Kooperation von sueddeutsche.de mit dem ZDF gestoppt. Die Schließung der Pressestelle ist der zweite spürbare Eingriff der neuen Eigentümer.
Aus Sicht der SWMH ist dieser Schritt sogar konsequent: Die kaum bekannte Holding ist durch den Kauf des Süddeutschen Verlags zwar zum größten Zeitungshaus nach Springer geworden. Doch auch in der Stuttgarter SWMH-Zentrale sucht man vergeblich nach einer Pressestelle - oder sonstigen Ansätzen von Transparenz.
"So funktioniert das nicht, das ist lächerlich", sagt der Medienexperte Horst Röper - zumal sich der Konzern damit gegen den Branchentrend positioniert: Selbst traditionell verschwiegene, weit kleinere Verlage hätten die Zeichen der Zeit erkannt und gäben sich weniger verschlossen.
Bei der SWMH, einem komplizierten Beteiligungskonstrukt, bei der vor allem die Medien-Union aus Ludwigshafen (Rheinpfalz) das Sagen hat, sieht man das anders: "Sie kennen doch unsere Philosophie: keine Öffentlichkeitsarbeit, keine Fragen, keine Antworten", heißt es traditionell in Ludwigshafen. Die Schaubs, die hier das Sagen haben, geben keine Interviews, es gibt nicht einmal aktuelle Fotos.
Dieser "neue" Wind soll nun offenbar auch in München wehen. Und dürfte es für die Süddeutsche nicht eben einfacher machen, deren Redaktion auf ihren Seiten für mehr Durchblick sorgt und traditionell gegen Intransparenz in Politik und Wirtschaft anschreibt.
Unbeantwortet bleibt nach taz-Informationen auch die Sonntagsfrage. Probenummern einer offenbar eher magazinigen Sonntags-SZ sind seit langem fertig. Doch Richard Rebmann, der für den Süddeutschen Verlag zuständige neue Geschäftsführer der SWMH, wolle das Projekt neu überdenken, da die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung sehr gut am Markt sei, heißt es in Unternehmenskreisen.
Erstaunlich offen denke Rebmann dagegen über ein Projekt nach, das bei den meisten seiner Verlegerkollegen akuten Angstschweiß auslöst: Bei neuen Produkten, zum Beispiel einer Gratiszeitung, könnten Süddeutsche und das SWMH-Stammblatt Stuttgarter Zeitung zusammenarbeiten, zitieren Insider den SWMH-Manager. Ganz allein sei ein Gratisblatt zwar nicht zu stemmen, aber mit einem geeigneten "Bündnispartner" würde man "diese Chance nutzen".
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