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Südafrikas Rechte greift zu den Waffen

Konservative Partei (CP) kündigt „Freiheitskampf“ an/ Endziel: Ein burisches Homeland  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrikas ultrarechte Konservative Partei (CP) hat am Wochenende bei einem Sonderkongreß eine Generalmobilisierung ihrer Unterstützer angekündigt, um „Südafrika vom De- Klerk-Regime zu befreien“. Damit bestätigt die Partei ihre harte Linie, die vor zwei Wochen zum Austritt von fünf gemäßigteren CP-Parlamentariern geführt hatte. Die Abtrünnigen sind zu Verhandlungen mit allen anderen Parteien über die „Zukunft der Buren“ bereit. Die CP selbst schließt sehr eingeschränkte Verhandlungen zwar nicht aus. Aber die Partei bereitet sich auf „aktiven und passiven Widerstand“ vor.

Die CP habe drei Möglichkeiten, die „Freiheit der Buren“ zu erreichen, sagte CP-Führer Andries Treurnicht beim Sonderkongreß: „Im Wahllokal, durch Verhandlungen und durch einen Freiheitskampf, der sowohl passiven als auch aktiven Widerstand einschließen könnte.“ Seit einigen Monaten kursierende Gerüchte, daß die CP eigene bewaffnete Gruppen gegründet hat, wurden am Wochenende aus CP-Kreisen bestätigt. Offenbar sollen diese Gruppen vorläufig als „Nachbarschaftsschutz“ zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden. Doch wären sie effektiv eine CP-Kampfeinheit.

Die neue Position erklärt sich daraus, daß die Chancen der CP, ihre Politik durch einen eventuellen Wahlsieg durchzusetzen, stark gesunken sind. Die derzeitige Krise der Partei und aller ultrarechten Gruppierungen ist ein direktes Ergebnis des Referendums der weißen Wähler im März. Damals stimmten 68,6 Prozent aller weißen Wähler für den von Präsident Frederik de Klerk begonnenen Reformkurs. 31,3 Prozent der weißen Wähler lehnten die Reformen ab und identifizierten sich so mit der Politik der CP. Dieser Trend bestätigte sich auch Anfang August in einer parlamentarischen Nachwahl im Wahlkreis Florida westlich von Johannesburg. Dort gewann de Klerks Nationale Partei (NP) haushoch, während eine rechtsextreme Partei knapp 24 Prozent der Stimmen bekam.

Die 31,3 Prozent des Referendums stellen jedoch für den Wahlforscher Donald Simpson eine „felsenfeste Unterstützung für harte rechte Politik“ dar, an der sich nichts ändern werde. Das würde bedeuten, daß die CP auch in einer freien, nichtrassistischen Wahl mit knapp fünf Prozent der Stimmen rechnen könnte. „Die CP wird die politische Revolution (in Südafrika) überleben“, meint Simpson.

Aber das reine Überleben der Partei reicht für CP-Führer Treurnicht und seinen einflußreichen Stellvertreter Ferdie Hartzenberg nicht aus. Sie wollen nach wie vor einen unabhängigen Staat für Buren und Weiße in Südafrika durchsetzen. Nach dem Referendum blieben für die CP nur zwei Alternativen: Verhandeln oder Kämpfen. Eine einflußreiche Gruppe von Parlamentariern unter Führung von Andries Beyers war zu Verhandlungen und zur drastischen Reduzierung der CP-Forderungen bereit. Sie konnten sich gegen die Parteiführung nicht durchsetzen. Dies führte vor zwei Wochen zu ihrem Austritt.

Die CP-Führung beansprucht für ihren Burenstaat fast das gesamte Südafrika. Zwar ist die Partei bereit, über ihre territorialen Ansprüche mit den „Führern anderer Völker“ zu verhandeln — gemeint sind Stammesführer, wobei die CP insbesondere den Zuluhäuptling und Inkathaführer Mangosuthu Buthelezi im Auge hat. Aber Verhandlungen mit dem ANC lehnt Treurnicht strikt ab, da der ANC kein „Volk“ vertrete.

Beyers und seine vier Kollegen nennen sich inzwischen „Afrikaander Volksunion“. Auch sie wünschen ein getrenntes Land für „Afrikaander“. Aber sie sind bereit, darüber mit dem ANC zu verhandeln, würden ein viel kleineres Gebiet akzeptieren und würden sich einer südafrikanischen Föderation mit einem von Schwarzen regierten Südafrika anschließen. Vor allem aber haben sie den Rassismus aus ihrem Programm gestrichen. Sie würden auch Mischlinge, die die burische Sprache Afrikaans sprechen, als vollwertige Bürger akzeptieren.

Der Gedanke eines separaten weißen Staates — ein „Volksstaat“ für die Buren — kursiert schon seit Jahren in ultrarechten Kreisen. Dabei gehen die Meinungen darüber, wie der „Volksstaat“ auszusehen hat und wie er zu erreichen ist, weit auseinander. Eine Gruppe unter Führung des einflußreichen Theologen Professor Carel Boshoff hat große Landstriche in der bevölkerungsarmen Halbwüste der nördlichen Kap-Provinz aufgekauft. Dort soll durch Bewässerung der Wüste ein burisches Paradies entstehen.

Die neonazistische „Burische Widerstandsbewegung“ (AWB) will andererseits die Burenrepubliken der Jahrhundertwende „befreien“ — gemeint sind damit die heutigen Provinzen Oranjefreistaat und Transvaal. Die AWB hat schon Tausende von Mitgliedern paramilitärisch ausgebildet, um im Ernstfall für das „Burenland“ zu kämpfen.

Mit ihrer jüngsten Entscheidung für „passiven und aktiven Widerstand“ gegen die Abschaffung der Apartheid hat die CP sich der Politik der AWB deutlich angenähert. Das könnte zu einem Aufschwung der Gewaltbereitschaft unter weißen Rechtsextremisten führen.

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