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Südafrika bald schwarz-weiß regiert

■ ANC beschließt Teilnahme an Regierung der Nationalen Einheit/ Jetzt Allparteiengespräche

Johannesburg/Berlin (AFP/wps/taz) – Südafrika ist endgültig auf dem Weg zur Demokratisierung. Nachdem das Exekutivkomitee des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) am Donnerstag abend beschloß, daß der ANC sich zusammen mit der regierenden Nationalpartei (NP) von Staatspräsident Frederick De Klerk an einer Interimsregierung der Nationalen Einheit beteiligen wird, wird eine Wiederaufnahme der Allparteiengespräche für Anfang März erwartet.

Die 90köpfige ANC-Exekutive hatte drei Tage beraten, nachdem die südafrikanische Presse am Wochenende gemeldet hatte, die Unterhändler von Regierung und ANC hätten sich auf eine zehnjährige „Machtteilung“ nach freien Wahlen zu einer Verfassunggebenden Versammlung geeinigt. Diese Berichte hatten zu Streit innerhalb des ANC geführt, der bisher eine Übergangszeit von höchstens fünf Jahren wünschte. Die Erklärungen nach dem Treffen der ANC-Exekutive spiegeln den Streit wider. „Im Interesse von Frieden, Stabilität und Wiederaufbau ist eine Regierung der Nationalen Einheit notwendig“, sagte ANC-Generalsekretär Cyril Ramaphosa. Ihre Dauer, fuhr er jedoch fort, „sollte fünf Jahre nicht übersteigen“. Das Regierungskonzept einer „Machtteilung“ sei abzulehnen: Darin ist vorgesehen, daß alle Parteien, die mindestens fünf oder zehn Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen, im Übergangskabinett vertreten sein können, und daß Beschlüsse vom Kabinett einstimmig gefällt werden müssen.

Der ANC schlägt nun vor, daß die entscheidungen des Präsidenten der Übergangsregierung im Streitfall von einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Kabinetts bestätigt werden müssen. Ramaphosa sagte außerdem, der ANC werde Ende des Jahres eine „Große Strategische Konferenz“ einberufen. Damit will er offenbar Forderungen nach einem sofortigen ANC-Kongreß entgegentreten.

Ein Regierungssprecher konstatierte gestern weitgehende „Übereinstimmung“ mit dem ANC über den „Geist“ des Demokratisierungsprozesses. Nachdem der ANC jetzt grünes Licht gegeben hat, verhandelt die Regierung jetzt noch mit der Zulu-Bewegung Inkatha, dessen Führer Buthelezi letztes Wochenende mit einem „Bürgerkrieg“ gedroht hatte, falls die geplante Übergangsregierung ihre Beschlüsse auf sein Herrschaftsgebiet in der Provinz Natal übertragen wolle.

Der Fahrplan für die politische Zukunft Südafrikas sieht nun wie folgt aus: Im Sommer tritt der Regierung ein „Übergangsrat“ zur Seite, der allgemeine Wahlen bis spätestens April 1994 vorbereitet. Diese Wahlen bestimmen eine Verfassunggebende Versammlung und vielleicht auch einen neuen Staatspräsidenten – der Nelson Mandela heißen könnte. Dann wird eine Übergangsregierung aus allen wichtigen Parteien gebildet, die das Land für eine mehrjährige Periode noch unbestimmter Dauer regiert, während gleichzeitig eine neue Verfassung ausgearbeitet wird.

Schon in unmittelbarer Zukunft könnte Präsident De Klerk nach südafrikanischen Presseberichten sein Kabinett umbilden und dabei einige nichtweiße Minister ernennen. D.J.

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