: Suche: geräumige Wohnung im Schnoor
■ Streitigkeiten drohen die geplante Erweiterung des Instituts für Niederdeutsche Sprache zu behindern / Senatorin Kahrs: Geld aus Mecklenburg-Vorpommern?
Was gibt es, um die lokale Identität zu stärken? Plattdeutsch und Niederdeutsch und Bremisch. Letzteres ist alles andere als eine Regionalsprache, eher eine Mentalitätssache. Hatte man in Schleswig-Holstein die geplante Erweiterung des Institus für Niederdeutsche Sprache schon als notwendig erkannt, fühlte sich Bremen mal wieder nicht zuständig.
Anläßlich der Erweiterung sprach nun die Senatorin persönlich vor und scheint vorerst die Situation geklärt zu haben. Sie will nachholen, was die Bürgerschaft vernachlässigt hatte: Einsatz für das Plattdeutsche, dort wo das Institut zu Hause ist. Versprochen ist , daß die Ablehnung der Bürgerschaft zurückgenommen wird. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. In Bremen jedoch schon ein Fortschritt.
Denn bislang drohte man sich hier gegenseitig über die Füße zu stolpern. Da hatte das vor 20 Jahren gegründete Institut für Niederdeutsche Sprache, das sich mit allem beschäftigt, was die Sprachkultur des Plattdeutschen angeht, Raumbedarf angemeldet. In den bislang genutzten Räumen, die sich in zwei kleinen Schnoorhäusern befinden, platzt alles aus den Nähten. Zusätzlich läuft für eines der Gebäude der Pachtvertrag ab. Als der Nachbar, der Schiffahrtskaufmann Peter Deutschmann seine angrenzenden Häuser verkaufen wollte, ergab sich eine „Chance, wie es sie nur einmal im Jahrhundert gibt“, sagt Marlene Dullin von der Arbeitsgruppe “Snoorhuus“. Der Bremer Kaufmann benötigt größere Räumlichkeiten für sein Geschäft, legt aber bei den Nachmietern Wert darauf, daß „hier alles harmonisch läuft. Wir haben schon Angebote gehabt, aber das war uns nicht solide genug“ war aus dem Havarie-Kontor zu erfahren. Das Institut reagierte, sprach die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen an, die gemeinsam das in Bremen ansässige Institut tragen, und beantragte auch beim Bremer Senat einen Sonderzuschuß.
Claus Schuppenhauer, Geschäftsführer des Instituts für Niederdeutsche Sprache, rechnet vor, daß der Betrag ausgesprochen überschaubar sei. Die 1,2 Millionen, die das dreiteilige Nachbargebäude im Schnoor kosten soll, würden durch vier geteilt, und von den verbleibenden 350.000 Mark hat die private Waldemar-Koch-Stiftung schon signalisiert, 250. 000 Mark zu übernehmen. Einzige Grundbedingung: die Stadt muß sich mit 100.000 Mark beteiligen.
Doch die Bürgerschaft lehnte ab, „aufgrund der wirtschaftlichen Lage“, lautete die nicht weiter verblüffende Begründung. Daß aber in den anderen Bundesländern die Unterstützung weit größer war, hatte man verschwiegen. So brauchte es einen persönlichen Brief der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis an den Bremer Parteikollegen Henning Scherf. Inhalt: Man wolle sich sehr wohl finanziell engagieren, aber nur mittun, wenn „Bremen die Initiative für das hier ansässige Institut übernimmt“. Das brachte die Wende. Auf der letzten Bürgerschaftssitzung nahm man den ablehnenden Bescheid zurück und verwies das Institut weiter an die Stiftung Wohnliche Stadt. Dort fühlte man sich prompt nicht zuständig. Bringfriede Kahrs versprach beim gestrigen Besuch nun ein gleich dreifaches Engagement: Die Stiftung Wohnliche Stadt soll, wenn möglich, umgestimmt werden, Gespräche mit den Kollegen in den anderen drei Bundesländern sollen geführt werden, und darüber hinaus wagt die Senatorin noch einen Vorstoß auf neues Verbreitungsgebiet. Das Land Mecklenburg-Vorpommern gehöre doch eigentlich auch zum Verbund der Plattdeutschen. Ob man hier nicht interessiert sei, sich am Ausbau der in Bremen ansässigen Sprachforschungsstelle zu beteiligen. „Das würde bedeuten, daß man von Mecklenburg-Vorpommern Geld nach Bremen schiebt“, analysiert Claus Schuppenhauer. Ob die SPD-Senatorin da den richtigen Zeitpunkt gewählt hat? Schließlich waren die letzten Wochen nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme, was finanzielle Transaktionen zwischen Bremen und Mecklenburg-Vorpommern angeht. rau
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen