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Sturm vor Hanau–Demo

■ Aktuelle Bundestagsstunde zu Alkem in aufgeheizter Atmosphäre / Heftige Kritik an Grünen–Aufruf zur Demo / Hönes: Gegen Plutonium–Skandal ist Flick–Affaire bescheiden

Aus Bonn Oliver Tolmein

Anläßlich der aktuellen Stunde zum „illegalen Betrieb der Plutoniumfabrik Alkem“ gestern im Bundestag polemisierte eine große Koalition aus CDU/CSU/ FDP und SPD gegen die bevorstehende Großdemonstration von Anti–AKW–Bewegung, Friedensbewegung und 3. Welt–Gruppen. Die SPD–Abgeordneten Reuter und Catenhusen warfen den Grünen vor, zu gewalttätigen Demonstrationen mitaufzurufen und sich von Ausschreitungen nicht zu distanzieren. Der FDP–Vertreter Laermann fand: „Es hat schon etwas Gespenstisches an sich, wenn hier das Parlament für Reklamezwecke mißbraucht wird“ und verglich die Grünen mit den Schreibtischtätern im Dritten Reich. Die Redner von SPD, CDU, CSU und FDP ließen auch keinen Zweifel daran, daß sie ge gen die Stillegung von Alkem sind, weil - so Laufs (CDU) - „die Firma Alkem ein Schlüsselunternehmen für die Kernenergienutzung“ sei“. Das fand auch Hannegret Hönes von den Grünen: „Heute sind diese Anlagen Prüfstein Nr. 1 für die Haltung der Bundestagsparteien - über ihre nukleare Vergangenheit und ihre atomare Zukunft“. Denn gegen den Plutoniumskandal, der sich in Hanau anbahne, „nimmt sich die Flick–Affaire geradezu bescheiden aus. Da wird unter Aufsicht von sozialliberalen wie christlich–liberalen Bundesregierungen der Aufbau des heute größten Lagers für atomwaffenfähige Stoffe in einem Nicht–Atomwaffen–Staat der Welt ohne die gesetzlich vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung vorangetrieben, weil - so ein ministerieller Vermerk - eine voll aufgeklärte und informierte Öffentlichket den ganzen Spuk vielleicht verhindert hätte“. Bis heute werde von der Bundesregierung, führte Hannegret Hönes weiter aus, der Abschluß eines militärischen Kontrollabkommens gegen eine militärische Abzweigung des Alkem–Plutoniums von der Bundesregierung verzögert. Die SPD stecke ebenfalls tief im Hanauer Plutoniumsumpf. Deswegen sei es nötig, daß die Bewegungen mit Unterstützung der Grünen „gegen ein Los Alamos in Hessen“ Widerstand leisteten. Der forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU–Fraktion Lenzer nannte den Vorwurf, in Hanau würde die Atomwaffenherstellung vorbereitet, „ungeheuerlich“. Die Unterscheidung zwischen friedlicher und militärischer Atomenergienutzung sei eine wesentliche Errungenschaft der internationalen Staatengemeinschaft.

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