Stürmer-Star Miroslav Klose: Der Anti-Tennisspieler

Ein bescheidener Star: Klose scheut das Rampenlicht und ist nicht scharf auf Schlagzeilen. Auf dem Platz spielt er gerne einen Pass zu seinen Mitspielern - und lobt die Kollegen.

Ich bin Mannschaftssportler": Miroslav Klose. Bild: reuters

TENERO taz Die Menge auf den Rängen äußert Unmut. Wieder einmal hat etwas nicht geklappt, etwas Entscheidendes. Miroslav Klose hat nicht getroffen. Oder er hat abgespielt in einer Situation, in der es besser gewesen wäre, er hätte selbst geschossen. Mit hängenden Schultern, den Blick auf den Boden gerichtet, schleicht der Stürmer zurück. Bisweilen fasst er sich an die Nase dabei, und ein wenig wirkt es so, als hätte er ein schlechtes Gewissen im Moment nach dem Scheitern, als würde er sich eingraben wollen, irgendwohin verschwinden, wo ihn niemand sieht.

Weil Klose so aussieht, als würde man sehen können, was er denkt, gilt er als labil, als einer, der zu viel über sich nachdenkt, zu viele Selbstzweifel über den Platz schleppt. Und dennoch ist er als Angreifer beinahe unberührbar. Er ist ja kein Versager. Er macht seine Tore (39 in 76 Länderspielen), gibt entscheidende Vorlagen (17). Im DFB-Team ist er gesetzt, natürlich auch für das Spiel heute gegen Kroatien. Auch bei den Bayern hat er in der vergangenen Saison beinahe immer gespielt, wenn er fit war.

Raus aus Psychoecke

Und dennoch greifen Spielbeobachter immer wieder in die Psychokiste, wenn sie über den mittlerweile 30-Jährigen berichten. So ist häufig zu lesen, Klose lasse sich regelmäßig vom psychologischen Betreuer des DFB-Teams, Hans-Dieter Hermann, seelisch massieren. "Eine Frechheit" nennt Klose diese Berichte und "Quatsch". Im Gespräch mit Spiegel Online stellt Klose klar, dass sein letztes Gespräch mit Hermann Jahre zurückliegt. Als seine Kinder auf die Welt gekommen seien und es ihm schwergefallen sei, sich auf den Sport zu konzentrieren, habe er seinen Rat gesucht. Fertig. Basta. Nein, in die Psychoecke will er sich nicht stellen lassen.

Klose ist keiner, der das Rampenlicht sucht. Vielleicht spielt er deshalb in Situationen einen Pass, in denen andere Stürmer an sich, an ihren Platz in der Torschützenliste, an ihren Ruhm denken würden. Er sagt, dass ihm das nichts ausmacht. Gegen Polen hat er beide Tore vorbereitet. Die Schlagzeilen jedoch gehörten Lukas Podolski. Für ihn gebe es keinen Unterschied, ob er selbst ein Tor schieße oder die Vorlage gegeben hat, sagt er: "Wäre ich Tennisprofi, würde ich egoistischer denken und selbst die Punkte machen. Aber ich bin Mannschaftssportler." Als solcher fühlt sich Klose wohl und gibt doch zu, bisweilen durchaus das Bedürfnis zu spüren, öfter mal an sich selbst zu denken. "Ich versuche natürlich auch manchmal, egoistischer zu sein", gibt er zu, "aber ich kann das nicht so einfach umstellen."

Reif und ehrlich

2006 wurde Klose Torschützenkönig bei der WM. Auch bei Werder Bremen spielte er fantastisch auf. Seine Leistungen wurden seinerzeit überall gelobt (Süddeutsche Zeitung: "Das beste Sturmspiel aller Zeiten und Welten"). Und dann fiel er in ein tiefes, tiefes Tal. Die Krise war nicht nur sportlicher Natur. Klose bekam zu spüren, wie unangenehm ein Leben als Star sein kann. Es wurde wild herumgestöbert in seinem Privatleben.

Sein Heil suchte er vor der vergangenen Saison in einem Wechsel zum FC Bayern. Er ist gut angekommen in München. Zehn Tore hat er geschossen, acht vorbereitet. Und doch war schnell wieder von einer großen Krise die Rede, als er in der Rückrunde eine Zeit lang partout nicht mehr treffen wollte. Es wurde ruhig um ihn. Der Ruhm gehörte Luca Toni. Klose hat das nicht gestört. So wie es ihn nicht stört, dass sich das Interesse der Medien an den Tagen zwischen den ersten beiden EM-Spielen auf Lukas Podolski fokussiert. Er selbst ist es, der kräftig daran arbeitet, den Ruhm seines Kollegen weiter zu steigern. Klose sagt, er habe bei der EM keinen Mittelfeldspieler gesehen, der besser gewesen ist als Podolski. Für ihn kann selbst ein Cristiano Ronaldo nicht mithalten mit seinem Vereinskollegen, der es bis jetzt so schwer gehabt hat bei den Bayern. "Ronaldo ist wichtig in der Offensive, nach hinten stellt er aber nur ein paar Passwege zu. Das, was Lukas gegen Polen geleistet hat, war mehr wert." Wie Podolski in der Defensive gerackert habe, sei "sensationell" gewesen. Klose wirkt glaubwürdig, wenn er seiner Freude über die Leistungsexplosion seiner Mitspieler Ausdruck verleiht. Ein Egoist ist er wahrlich nicht. Als Mensch scheint er gereift. Und was man nicht vergessen darf: Ein guter Stürmer ist er allemal.

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