piwik no script img

Archiv-Artikel

Studiengeld: GAL unter Druck

An den Gebühren scheiden sich Koalition und Opposition in der Bürgerschaft. Was die einen für gerecht halten, finden die anderen zynisch. Gümbel: „Niemand wird vom Studieren abgehalten“

VON SVEN-MICHAEL VEIT

So richtig einfach ist es nicht, etwas politisch rechtfertigen zu müssen, das man vor wenigen Monaten noch rundweg abgelehnt hat. Durch nachgelagerte Studiengebühren „wird niemand vom Studieren abgehalten“, befand Eva Gümbel (GAL) am Mittwoch in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft über das Thema Studiengebühren. Nach zehn Semestern sei „ein Bildungsbeitrag von gerade mal 3.750 Euro zu zahlen – das ist in Ordnung“. Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) sprach von einer „überschaubaren Summe“ .

Für die rot-rote Opposition hingegen stellen Studiengebühren „eine enorme finanzielle Belastung für junge Menschen dar“, wie es SPD-Fraktionsvize Dorothee Stapelfeldt und Dora Heyenn, Fraktionschefin der Linken, ausdrückten. Durch den Wegfall der Ausnahme- und Härtefallregeln würden auch „behinderte und chronisch kranke Studierende sowie Studierende mit kleinen Kindern deutlich schlechter gestellt“, sagte Stapelfeldt. „Das grenzt an Zynismus.“

Speziell in die Kritik der Opposition gerieten die Grünen, die im Wahlkampf für die völlige Abschaffung der Studiengebühren eingetreten waren. Diese Forderung habe die GAL „aus rein machtpolitischen Gründen über Bord geworfen“, sagte Stapelfeldt. Deshalb habe sie es „sich selbst zuzuschreiben, dass sie für die schlechte Hochschulpolitik der CDU mit in die Verantwortung genommen wird“. Dieser „Kurswechsel“ der GAL sei „ein Irrweg“.

Der Gesetzentwurf der schwarz-grünen Koalition, der zurzeit in den Ausschüssen der Bürgerschaft beraten wird, sieht zwar die Abschaffung direkt zu zahlender Studiengebühren von 500 Euro pro Semester vor. Stattdessen sollen nach Beendigung des Studiums 375 Euro pro Semester fällig werden, sofern das Jahreseinkommen über 30.000 Euro liegt.

Die den Hochschulen entgehenden Einnahmen von etwa 36 Millionen Euro jährlich sollen über Kredite zwischenfinanziert werden. Die Zinsen dafür müssen aus dem städtischen Haushalt bezahlt werden. Das alles sei doch „ein klares und transparentes Modell, von dem die allermeisten Studierenden profitieren“, warb Thilo Kleibauer (CDU). Es werde wie geplant zum Wintersemester in Kraft treten.

Studiengebühren seien der falsche Weg beharrte dennoch Heyenn, die nach weitschweifigen Bemerkungen über politisches Allerlei zwei Ermahnungen des Bürgerschaftspräsidenten Berndt Röder (CDU) brauchte, um zum Thema zu sprechen. Das tat Heyenn denn noch rasch: „Die GAL hat ihr Wahlversprechen gebrochen.“

Die schwarz-grünen Parlamentarier hatten so leichtes Spiel, ihr Vorhaben mit dürftigen Argumenten zu verteidigen. Es gebe „keine soziale Schieflage mehr, weil alle Studierenden gleich behandelt werden“, behauptete die GALierin Jenny Weggen. Und dass die finanziellen Möglichkeiten der Eltern nicht berücksichtigt würden, erhob der Christdemokrat Heinrich Langhein gar zum „Gebot der Gerechtigkeit“.