: Studiengebühren
■ betr.: „Selber was auf die Beine stellen“, taz vom 10. 5. 96
Studiengebühren sind nicht unsozial, wenn man sich an das Modell von Detlef Müller-Böling (Leiter Zentrum für Hochschulentwicklung, in der Zeit v. 26.1. 96) hält, welches sich an dem australischen Hochschulsystem orientiert. Sinngemäß: Jeder Studierende an einer deutschen Hochschule zahlt einen Beitrag von 1.000 Mark pro Semester, der seiner Hochschule unmittelbar und ausschließlich für die Lehre zufließt. Die Studierenden können in jedem Semester neu entscheiden, ob sie 1.000 Mark selbst aufbringen oder ein Darlehen eines eigens eingerichteten Studienfonds, welches auf Wunsch in jedem Falle gewährt wird, in Anspruch nehmen wollen. Die Darlehensschuld – im Verlauf eines Studiums 8.000 bis 10.000 Mark, zuzüglich zum Beispiel eines Inflationsausgleichs – wird später mit der Einkommensteuer zurückgezahlt. Perfekt gerecht.
Paradoxerweise beklagt nun gerade Antje Ziebell die „Umverteilung von unten nach oben“, wo doch eine Mehrheit der Studenten von dieser Ungerechtigkeit profitiert. Bevor Studenten das Wort „unsozial“ in den Mund nehmen, sollten sie sich bewußt machen, wer eigentlich ihr Studium finanziert. Denn es ist nicht einzusehen, daß „der junge Facharbeiter oder die Jungverkäuferin die Studienkosten für den gleichaltrigen Medizinersohn oder die Managertochter“ mitbezahlt.
Die Studierenden machen sich angesichts der Banalität, ohne bessere Ideen auf die Straße zu gehen, lächerlich. Es ist eben ein kleiner, aber entscheidender Unterschied, ob man pauschal gegen den Vorschlag anderer ist oder sich für eine bessere Alternative einsetzt. Letzteres ist glaubwürdiger und hat mehr Aussicht auf Erfolg.
Es ist traurig mitanzusehen, daß sich auch Studierende, wenn es um Besitzstands- und Privilegienwahrung geht, keineswegs von den Menschen unterscheiden, die sie vorzugsweise eben deswegen kritisieren. Samuel Klar, Schortens
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