Studie zum Anstieg des Meeresspiegels: Meere steigen schneller und höher
US-Forscher werten Satellitendaten aus: Schon im Jahr 2100 könnte der Pegel mehr als doppelt so hoch sein wie bisher angenommen.
Der Anstieg der Durchschnittspegel gefährdet durch Überschwemmungen weltweit Hunderte Millionen Menschen, die an den Küsten wohnen. Manche Orte sind verwundbarer als andere, manche Länder können sich gegen die Fluten schützen, andere weniger. Und höhere und wärmere Meere tragen dazu bei, dass stärkere Stürme entstehen und Sturmfluten drastischer ausfallen. Seit 1993 stieg der Meeresspiegel im weltweiten Durchschnitt jährlich um etwa drei Millimeter. Die von den Wissenschaftlern jetzt berechnete Beschleunigung könnte dazu führen, dass der Anstieg im Jahr 2100 zehn Millimeter pro Jahr beträgt.
Nerem und seine Kollegen nutzten für ihre Kalkulationen Satellitenmessungen. Es handelt sich um die längste bisher vorhandene Messreihe zur globalen Meereshöhe. Die Forscher gingen davon aus, dass sich die Meeresspiegel-Veränderungsrate der vergangenen 25 Jahre in Zukunft fortsetzt und weiter verstärkt.
„Die Studie bestätigt unsere schlimmsten Erwartungen“, sagte Ingo Sasgen vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven der taz. Der Klimaforscher lobt die Arbeit seiner US-Kollegen, weil sie die Folgen eines ungebremsten Temperaturanstiegs belegten. „Im Grunde bedeuten die Untersuchungen, dass die Szenarien, die im Bericht des Weltklimarats sind, Gültigkeit besitzen.“ Die besondere Leistung der US-Forscher sei, dass sie mit ihren Untersuchungen „keinen Spielraum für Wunder“ beim Anstieg des Meeresspiegels ließen. Der einzige Weg, einen so hohen Anstieg der Pegel zu verhindern sei, das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten.
Beschleunigter Anstieg des Meeresspiegels
Die Datenreihe, die Nerem und seine Kollegen verwendeten, begann mit dem Start des Satelliten „Topex/Poseidon“ im August 1992 und wurde mit den drei „Jason“-Satelliten fortgesetzt. Die Wissenschaftler berücksichtigten verschiedene Faktoren, die den globalen Meeresspiegel beeinflussen, etwa das Klimaphänomen El Niño im Pazifik. Auch die Schwankungen in den Wassermengen, die an Land gespeichert werden, gingen in die Analyse ein.
Die Wissenschaftler rechneten natürlich bedingte Ereignisse wie Vulkanausbrüche aus den Messdaten heraus. Auf diese Weise konnte das Team um Neren den menschengemachten Anstieg des Meeresspiegels beziffern. Die Wissenschaftler kamen so auf eine jährliche Beschleunigung des globalen Meeresspiegelanstiegs von 0,08 Millimeter.
Es ergibt sich also eine exponentielle Kurve mit stets zunehmenden Anstiegsraten. Verantwortlich für den Anstieg ist zum einen das Abschmelzen der Eisschilde, zum anderen der Umstand, dass Wasser sich bei Erwärmung ausdehnt. „Die Studie stellt sehr glaubhaft dar, dass es eine Beschleunigung des Anstiegs gibt“, urteilt Klimaforscher Sasgen aus Bremerhaven. Die Wissenschaftler hätten nicht nur neue Messdaten verwendet, sondern diese auch sehr gründlich ausgewertet. So seien zahlreiche Effekte, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben, herausgerechnet worden. (mit dpa)
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben