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: Im geschützten Wald leben mehr Elefanten, Leoparden und Antilopen

Worum geht’s?

Weltweit stehen 159 Millionen Hektar Wald unter dem Schutz des Forest Stewardship Council (FSC), das entspricht etwa der Hälfte der Fläche Indiens. Der FSC ist ein internationales Zertifizierungsystem für nachhaltige Waldwirtschaft. In der Vergangenheit wurde das Siegel immer wieder kritisiert. Jetzt hat eine Studie untersucht, wie sich die FSC-Zertifizierung auf die Artenvielfalt in den betroffenen Wäldern auswirkt. Hintergrund: In den zertifizierten Gebieten werden Maßnahmen gegen Wilderei ergriffen, zum Beispiel gibt es Patrouillen und Kontrollpunkte, und lokale Ar­beit­neh­me­r:in­nen bekommen Fisch und Fleisch, damit sie nicht selbst jagen gehen. Die Ergebnisse haben die For­sche­r:in­nen im Fachmagazin ­Nature veröffentlicht.

Die Studie

Für die Studie installierten die For­sche­r:in­nen Wildkameras in Wäldern in Gabun und Kongo, sieben davon mit und sieben ohne FSC-Zertifizierung, auf einer Fläche von 474 Quadratkilometern. Drei Monate lang wurden in jedem Wald 30 Wildkameras betrieben, die automatisch Bilder aufnahmen, wenn ein Tier vorbeikam. So enstanden 1,3 Millionen Bilder, die mit einem speziell für die Verarbeitung großer Daten­mengen von Wildkameras entwickelten Programm ausgewertet wurden. Die Anwendung kann derzeit 70 verschiedene Tierarten erkennen. Da die Identifizierung kleiner Säugetiere oft schwierig ist, erfassten die For­sche­r:in­nen nur die Anzahl aller Säugetiere, die mehr als 10 Kilogramm wiegen.

Das Ergebnis: In zertifizierten Wäldern wurden 3,5-mal so viel Säugetiere wie Antilopen und afrikanische Goldkatzen gesichtet wie in ungeschützten Wäldern. Außerdem zählte das Forschungsteam 2,7-mal so viel Tiere über 100 Kilogramm, wie Elefanten, und 2,7-mal so viel stark gefährderte Arten.

Was bringt’s?

Die Studie zeigt, dass die Zertifizierung von Waldflächen eine wichtige Rolle beim Erhalt der Artenvielfalt in den Tropen spielen kann. Mehr große Tiere wirken sich außerdem positiv auf das Klima aus. Frühere Forschungen, die in Nature Geoscience veröffentlicht wurden, haben zum Beispiel gezeigt, dass tropische Wälder ohne Elefanten 7 Prozent weniger CO2 speichern. Die Tiere verbreiten Samen und sorgen mit ihren Exkrementen für die Rückführung von Nährstoffen. So beeinflussen sie indirekt, wie viel CO2 der Wald speichert.

Neue wissenschaftliche Studien stellen wir jede Woche an dieser Stelle vor – und erklären, welchen Fortschritt sie bringen. Sie wollen die Studie finden? Jede hat einen Code, den sogenannten Digital Object Identifier, kurz DOI. Hier lautet er: doi.org/ 10.1038/s41586-024-07257-8

Ein großer Teil der noch existierenden tropischen Wälder wird derzeit für die Holzwirtschaft genutzt: insgesamt 400 Millionen Hektar, eine Fläche mehr als zehnmal so groß wie Deutschland. Dass in diesen noch ungeschützten Wäldern weniger große Tiere leben, zeigt, dass die Entscheidungen, die Sie im Baumarkt treffen, tatsächlich Auswirkungen auf Elefanten-, Leoparden- und Schimpansenpopula­tionen auf der anderen Seite der Welt haben – und vor allem, dass dringend mehr Wälder geschützt werden sollten. Anne-Martijn van der Kaaden