: Studentengelder verschwunden
■ Mindestens seit 1982 bekommt der AStA nicht die Gelder, die die Studenten für ihn bezahlen
Jahrelang gab es an der Bremer Universität immer wieder Probleme um das Geld der verfaßten Studentenschaft: Die studentischen Fraktionen warfen sich gegenseitig vor, in die eigene Tasche zu wirtschaften und nicht ordentlich abzurechnen. Die Leitung der Universität mußte mahnen und schlichten.
Nun hat die studentische Finanzprüfungskommission den Spieß umgedreht: Etwa eine halbe Million Mark Studentenschaftsgelder habe die Uni-Leitung dem AStA in den vergangenen acht Jahren vorenthalten, vielleicht auch ein paar hunderttausend mehr, sagt Hanno von Feyholt, ehemaliger Präsident des Studentenrates und Mitglied der Prüfkommission. „Es geht diesmal um eine Million“ anstelle des üblichen Jahreshaushaltes von 500.000 Mark, macht die Liste Zorro bei den derzeit laufenden Studentenratswahlen ihrer Wählerklientel auf den Ernst der Lage aufmerksam.
Offenbar zum ersten Mal in der 20jährigen Geschichte der Bremer Uni hat sich die Finanzprüfungskommission des Studentenrates beim Studentensekretariat nach der Anzahl der offiziell eingeschriebenen StudentInnen erkundigt und diese Zahl mit 15 multipliziert, denn jede eingeschriebene StudentIn muß 15 Mark pro Nase für ihre Vertretung bezahlen. Ergebnis der Rechenaufgabe: Eine Differenz von mehreren hunderttausend Mark.
Uni-Kanzler Kück ließ diese Zahl gestern von der Uni-Pressestelle „strikt zurückweisen“. Es sei zwar richtig, daß die Uni AStA-Gelder zurückbehalten habe, dies jedoch nur, weil bis vor kurzem für die Jahre 1982 bis 91 noch kein entlasteter AStA-Haushalt vorgelegen habe. Nachdem dies Anfang Januar nachgeholt wurde, seien bereits 120.000 Mark Nachzahlung an den AStA ausgezahlt worden. Darüber hinaus stünden ihm „höchstens 10.000 Mark mehr“ zu, die sofort nach Abschluß der genauen Endabrechnung überwiesen würden.
Werner Fahrenholz, Leiter der Uni-Haushaltsstelle, blieb gestern gegenüber der taz jedoch vorsichtiger. Er sei gerade erst dabei auszurechnen, wieviel dem AStA der Uni 1982 und in den darauffolgenden Jahren zugestanden hätte. „Da sind immer noch kleinere Restbeträge offen“, sagte er, auf keinen Fall mehr als 100.000 Mark. Wieviel, wisse er aber noch nicht.
Das Studentensekretariat habe offenbar höhere Studentenzahlen, räumt Fahrenholz ein. Die Uni-Haushaltsstelle müsse aber von der Zahl derer ausgehen, die bezahlt haben. Eine Differenz ergebe sich schon daraus, daß rund 300 Bremer StudentInnen doppelt immatrikuliert seien, ihren Studentenwerksbeitrag jedoch nur einmal zahlen müßten.
Wieso das alles nicht früher auffiel? Ganz einfach: Keiner hat gerechnet. Warum in den vergangenen Jahren keine Abrechnung gemacht worden sei, konnte Fahrenholz auch nicht sagen. „Ich hätte es mir so vorgestellt.“ Der Sachbearbeiter sei in den Ruhestand getreten. „Immer, wenn der AStA quängelte, hat die Uni Überweisungen in Höhe von 30.000 bis 100.000 Mark veranlaßt“, berichtet Hanno von Freyholt über die Zahlungsmodalitäten zwischen Uni-Leitung und AStA. Eine klare Abrechnung habe er „nie gesehen“.
Wo blieb die Differenz, seien es nun 500.000 oder 50.000 Mark, in den acht Jahren? Warum fiel das niemand auf? Und: Wer kassiert die Zinsen für die Studentengebühren, die 16.000 Studierende einzahlen, die aber erst scheibchenweise im Verlaufe des Jahres oder gar nicht an den AStA ausgezahlt werden? Der stellvertretende Leiter der Landeshauptkasse, Kurt-Arnold Toll, meinte gegenüber der taz, „das merkt hier keiner“, wenn nicht alles Geld an den AStA ausgezahlt wurde. Zinsen gebe es auch nicht. Denn erstens werde das Geld auf Giro-Konten eingezahlt, auf denen es keine Zinsen gebe, und zweitens werde jede ankommende Mark, die nicht sofort abgerufen wird, bei Bremens Haushaltslage sofort für andere Dinge ausgegeben.
Das bedeutet: Wenn die Universität die Studentenschaftsgelder nicht anfordert, freut sich der bremische Finanzsenator. K.W.
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