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Studenten aus Nichtakademiker-FamilienInformationen zum Aufstieg

Abiturienten aus Nichtakademiker-Haushalten werden selten zum Studieren ermutigt. Das lässt sich leicht ändern, weisen Wissenschaftler nun nach.

Hier trauen sich Arbeiterkinder seltener hin: Hörsaal einer Universität Foto: dpa

Berlin dpa | Rechtzeitige Informationen über Nutzen und Finanzierung eines Studiums motivieren mehr Abiturienten aus Nichtakademiker-Familien für einen Hochschulbesuch. Das geht aus einer Langzeit-Befragung von 1.500 Berliner Schülern hervor, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und das Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung initiiert haben. Zum ersten Mal lasse sich dadurch für Deutschland nachweisen, dass gezielte Informationen Studienabsichten von Abiturienten beeinflussen könnten, teilten die Institute am Donnerstag mit.

Bisher hänge der Entschluss zu einem Hochschulstudium stark mit dem Elterhaus zusammen, heißt es in der Studie. Akademiker-Kinder besuchten deutlich häufiger eine Universität als Abiturienten mit Eltern ohne eigenes Studium. Wissenschaftler sehen dadurch „Humankapital“ schwinden. Mit den schulischen Leistungen hat der Studienwunsch dabei oft wenig zu tun. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Akademiker-Kinder motivierter für ein Studium sind, weil sie im Status nicht hinter ihren Eltern zurückbleiben wollen – und gleichzeitig von ihren Eltern zum „Statuserhalt“ motiviert werden.

Bei Oberschülern mit Eltern ohne akademischen Abschluss geht es hingegen eher ums Geld. Viele Eltern halten zum Beispiel ein Studium für zu teuer. Sie raten ihren Kinder auch mit Abitur häufiger zu einer Lehre, weil sie sofort mit einem eigenen Einkommen verbunden ist. Dabei ist Studieren in Deutschland im Vergleich zum Ausland vergleichsweise kostengünstig, und es gibt finanzielle Hilfen von Stipendien bis hin zum Bafög.

Für ihren Test wählten die Wissenschaftler 27 Berliner Schulen in Migranten-Kiezen aus. Nach dem Zufallsprinzip informierten sie seit 2013 an ausgewählten Schulen angehende Abiturienten in Workshops detailliert über Förderungen wie Bafög und die Vorteile eines Studienabschlusses: So sind Akademiker nachweisbar seltener arbeitslos und verdienen im Schnitt 1,8 Mal mehr als Berufstätige ohne akademische Bildung.

Die Befragungen zwei bis drei Monate und ein Jahr nach dem Workshop zeigten, dass Kursteilnehmer eher studieren wollten als Mitschüler ohne dieses Zusatzwissen. Bei Abiturienten, deren Eltern keinen Hochschulabschluss hatten, lagen die Studienwünsche sogar um acht- bis zwölf Prozentpunkte höher als in der Vergleichsgruppe ohne Workshop.

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3 Kommentare

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  • Mit Bourdieu im Hinterkopf hätte man das sich schon lange denken können, dass Wissen als kulturelles Kapital eben milieuweise verteilt ist. Aber es ist schön, dass das mal für dieses Feld empirisch handfest nachgewiesen wurde. Nur wird diese Erkenntnis jetzt im bildungsföderalen vielgleisigen und hierarchischen Schulsystem wieder mal einfach versanden.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @dasOimel:

      Ist m.E. Ok, dass die versandet. Kinder aus nichtakademischen Elternhäusern haben dieselben Chancen, wenn sie nicht in solch omniösen Bundesländern wohnen, wo ihnen die Schullaufbahn nach der Grundschule vorgeschrieben wird. Dass die Chancen auch ergriffen werden können, ist Aufgabe jener, die sie haben.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Hier geht es ja darum, Zugang zu diesen Chancen zu schaffen: Nämlich müssen sie dafür erstmal allen bekannt sein. Manche bekommen das über das Elternhaus mit, andere eben nicht. Wie gesagt: Bildung ist auch milieuweise strukturiert, dementsprechend halte ich es für sinnvoll, dass sich das Bildungssystem auch denen erklärt, die noch keine Nutzungstradition haben.