Strompreise: Vattenfall macht Wechseln leicht
Nach seiner Ankündigung von höheren Preisen verliert der Stromkonzern Vattenfall in Berlin und Hamburg massenhaft Kunden. Davon profitieren Ökostromanbieter.
BERLIN taz Erhöhte Strompreise beflügeln träge Kunden, ihren Energieanbieter zu wechseln - davon profitieren auch Ökostromfirmen. Das ist derzeit in Berlin und Hamburg zu beobachten. Mitte Mai kündigte Vattenfall, jeweils örtlicher Großversorger, kräftige Preisaufschläge zum 1. Juli an. Seitdem ist die Zahl von Wechslern sprunghaft gestiegen, berichten Konkurrenten. Vattenfall kündigte nun am Donnerstag an, verlorene Kunden zurückgewinnen zu wollen.
"Der sprunghafte Anstieg unserer Kundenzahl ist eindeutig auf die Preis- und Informationspolitik Vattenfalls zurückzuführen", sagte der Sprecher des Ökostromanbieters Lichtblick, Gero Lücking, der taz. Normalerweise wechselten in Berlin und Hamburg jeweils rund 1.000 Kunden im Monat zu Lichtblick. Im Mai seien es in Berlin rund 2.100 und in Hambug 2.200 gewesen, im Juni bislang rund 3.300 beziehungsweise 1.950. Im Vergleich zum Vattenfall-Klassiktarif sei Lichtblick nur noch geringfügig teurer, in anderen Regionen Deutschlands günstiger als der örtliche Anbieter. "Das macht den Vertrieb leichter."
Gestiegenen Wechselwillen spürt auch das Energiehandelsunternehmen Flexstrom. Von Mitte Mai bis Mitte Juni seien in Berlin und Hamburg zusammen rund 3.100 Kunden und Kundinnen zu Flexstrom gewechselt, so Firmensprecher Dirk Hempel zur taz. Normal wechselten rund 550 pro Monat. "Wir begrüßen, dass mehr Bewegung in den Markt kommt."
Vattenfall wollte die Zahl der Wechsler am Donnerstag nicht bestätigen. Es habe Verluste an Kunden gegeben, so der Chef von Vattenfall Europe, Klaus Rauscher, allerdings weniger als von der Konkurrenz angegeben. Eine verlässliche Angabe könne erst nach einer internen Zählung in ein bis zwei Tagen gemacht werden. Die niederländische Firma Nuon hatte zuvor berichtet, seit Anfang Mai 30.000 neue Kunden in Berlin und Hamburg gewonnen zu haben.
Unterdessen möchte der Vattenfall-Konzern, der in Deutschland hauptsächlich Kohle verstromt und in Schweden Atom- und Wasserkraftwerke betreibt, sein Image aufbessern und in erneuerbare Energien investieren. Dazu zählt der Konzern unter anderem Anlagen, in denen Müll oder Klärschlamm verbrannt wird, sowie große Windparks auf dem Meer. Zuletzt habe Vattenfall den Offshore-Claim Dan Tysk rund 50 Kilometer nordwestlich von Sylt gekauft, so Rauscher. Langfristig strebe Vattenfall in der Stromproduktion in Deutschland einen Anteil von 20 Prozent regenerativer Energien an.
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