Stromkonzerne sauer

■ RWE klagt: Der Bund langt beim Streit um die Atom-Rückstellungen stärker zu

Berlin (taz) – Wieder mal schlagen die Stromkonzerne Alarm in Sachen Atom-Rückstellungen. RWE-Sprecher Hermann Venghaus beklagt, die Stromunternehmen müßten nun mehr Steuern auf ihre Rückstellungen zahlen als von der Regierung zugesagt. „Wenn wir hier nicht zu einem Konsens kommen, werden wir Rechtsmittel einlegen müssen.“

Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung kommen nun geschätzte 22 Milliarden Mark Steuern auf die Konzerne zu, weil die Länder sich gegenüber dem Bund mit einer teureren Interpretation des neuen Steuerrechts durchgesetzt hätten. Dies gehe aus einem Brief von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) an den Finanzvorstand der RWE Energie AG, Heinz-Werner Ufer, hervor.

Bislang war nur von 16,7 Milliarden Mark Steuerzahlung in zehn Jahren die Rede. Die werden fällig, wenn die Unternehmen einen Teil ihrer Rücklagen für die nukleare Entsorgung auflösen und als Gewinn versteuern müssen.

Doch das Bundesfinanzministerium dementierte den Bericht der Süddeutschen: „Es bleibt bei 16,7 Milliarden Mark“, sagte gestern ein Sprecher. Die in dem Brief angesprochene Auslegung des Steuerrechts führe zu keinen zusätzlichen Belastungen. RWE-Sprecher Venghaus überzeugt das nicht. Zwar laufe die firmeninterne Bewertung noch, aber es sei schon absehbar, daß eine „erkleckliche Verschlechterung“ auf die Strombranche zukomme. Genaue Zahlen wollte er nicht nennen.

Die SPD-geführten Finanzministerien von Schleswig-Holstein und Niedersachsen reagierten überrascht über den Zeitungsbericht. Es gebe schon längst keine Meinungsverschiedenheit zwischen Bund und Ländern in Fragen der Rückstellungen mehr. Selbst das CSU-geführte bayerische Finanzministerium zeigte wenig Verständnis für die Konzerne. Man habe in dem vom RWE kritisierten Beschluß auf der Finanzministerkonferenz nur das festgehalten, worüber man sich schon längst einig war.

Bei den Rückstellungen haben sich schon alle Seiten verrechnet. Erst in ein paar Wochen wird man wohl wissen, wer hier richtig liegt – und wer nicht. urb