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Stromausfall legt Nordindien lahmStillstand in Delhi

Ein Stromausfall hat in Nordindien zu einem Verkehrschaos geführt. Die Auswirkungen der größten Versorgungspanne seit elf Jahren reichten bis in die Hauptstadt Neu-Delhi.

Der Stromausfall in Indien legte die Eisenbahn und das Metronetz lahm. Bild: dapd

BERLIN taz | Der Norden der Möchtegerngroßmacht Indien einschließlich der Hauptstadt Neu-Delhi ist am Montag vom größten Stromausfall des Landes seit mehr als einer Dekade betroffen worden. Rund 360 Millionen Menschen hatten stundenlang keinen Strom. Das Netz war gegen 2.30 Uhr Ortszeit am Montag zusammengebrochen.

Die Ursache war zunächst unklar. Doch vermutete Energieminister Sushil Kumar Shinde später, dass einige Bundesstaaten mehr als die ihnen zustehende Menge Elektrizität aus dem nördlichen Netz genommen hätten. Das habe zum Zusammenbruch geführt. Shinde kündigte harte Strafen für die Verantwortlichen an. Zugleich ernannte er ein Komitee, das innerhalb von 15 Tagen einen Bericht über die Ursachen vorlegen soll.

Betroffen waren neben der Haupstadt die Unionsstaaten Haryana, Punjab, Uttar Pradesh, Himachal Pradesh, Rajasthan und Jammu und Kashmir. In Delhi und Umgebung kam es zum Verkehrschaos, als Ampeln, Züge und die U-Bahn ausfielen. Letztere konnte später mit Strom aus den Wasserkraftwerken des benachbarten Königreichs Bhutan notversorgt werden. Ab 11 Uhr vormittags sollen laut Shinde 60 Prozent der Versorgung wiederhergestellt gewesen sein.

Wegen häufiger, allerdings meist kleinflächiger Stromausfälle haben indische Krankenhäuser, Regierungsgebäude und Flughäfen ohnehin Notstromaggregate mit Dieselmotoren. Der Stromausfall trifft besonders die Mittelschicht. Diese verfügt aufgrund ihres Wohlstandes über zahlreiche Elektrogeräten. Bei den derzeitigen Temperaturen um 35 Grad Celsius laufen auch nachts Klimaanlagen und Ventilatoren. Ohne Strom versagt zudem die Wasserversorgung.

Indiens Hauptenergieträger ist Kohle. Das Land ist der fünfgrößte Energieproduzent der Welt, doch zählt der Pro-Kopf-Verbrauch zu den niedrigsten. Schon zu normalen Spitzenverbrauchszeiten reicht die Erzeugungskapazität nicht aus. Die Netze sind veraltet, Stromdiebstahl ist Volkssport. Viele ländliche Regionen haben noch gar keinen Zugang zur Elektrizitätsversorgung und werden noch Jahrzehnte darauf warten müssen. Die Zahl der Inder ohne Elektrizitätsversorgung wird auf bis zu 500 Millionen geschätzt. Als Ausweg setzt die Regierung auch auf Atomenergie.

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2 Kommentare

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  • M
    meerwind7

    Hilfreich wäre ein Stromeinspeisegesetz, das jeden Konsumenten ab einem bestimmten Verbrauch zur Installation einer Solaranlage verpflichtet, die einen Teil des Bedarfs deckt. Bis auf evtl. Probleme beim Import ginge das auch halbwegs korruptionsarm ab.

    Unterscheiden sollte man auch zwischen einem Stromausfall, bei dem in Ländern wie Indien ganz bewusst reihum ein paar Bereiche mit Verbrauchern vom Netz getrennt werden, und einem offenbar vorliegenden Blackout, bei dem auch Kraftwerke nicht mehr betrieben werden können, so dass eine Wiederaufnahme der Stromversorgung erst recht erschwert wird.

  • I
    ion

    "Wegen häufiger, allerdings meist kleinflächiger Stromausfälle haben indische Krankenhäuser, Regierungsgebäude und Flughäfen ohnehin Notstromaggregate mit Dieselmotoren.";

     

    Wären Sie Indien-Kenner, wüssten Sie, dass in indischen Städten auch die meisten neuzeitlichen mittel- bis großen Wohnanlagen über mehr oder minder geräuschvoll, in jedem Falle aber extrem Umwelt belastend mit Dieselmotoren betriebene Not-Stromgeneratoren verfügen, da sich die Wohneinheiten sonst fast nicht ver-kaufen/-mieten liessen; In gewissen Regionen ist es erwägenswert, gleich vollends auf die öffentliche Stromversorgung zu verzichten (, wie es nicht wenige Firmen tun), weil bei mehrmaligem Zusammengbruch des Stromnetzes am Tag ein nervenschonendes Wohnen kaum möglich ist, wenn alle naslang alles (PC, Waschmaschine, etc.) in der Bude flachgelegt wird, was zudem zum deutlich schnelleren Ableben der Geräte beiträgt.

    Die infolge umfänglicher Korruption nach wie vor absolut desolate Infrastruktur der "Möchtegerngroßmacht"(!) wird es eines Tages vollends in den Ruin treiben: Rien ne va plus.

    Und selbst nach dem unverantwortlichen Bau aller projektierten Atomkraftwerke werden die nicht vorhandenen, leistungstarken Strom-Leitungsnetze auch nicht vom Mangobaum fallen.