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Stromausfall in den USAEin ganz kaputtes System

Immer noch sind Millionen Amerikaner inmitten einer brütenden Hitzewelle ohne Strom. In einigen Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen.

Wenigstens ein bisschen Abkühlung sucht dieser New Yorker in einem öffentlichen Springbrunnen. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Der Independence Day am Mittwoch hat für mehr als 1,2 Millionen Menschen an der Ostküste der USA in brütender Hitze begonnen: ohne Klimaanlage, ohne Licht, ohne Kochmöglichkeiten und ohne Eisschrank.

Zahlreiche private BBQ-Partys wurden abgesagt, weil das Fleisch und der Fisch zum Grillen in den Tiefkühltruhen längst verdorben war. Und auch öffentliche Feuerwerke zur Feier des 4. Juli fielen aus, weil die – durch Sparmaßnahmen in zahlreichen Orten ohnehin personell ausgedünnten Polizei und Feuerwehr damit beschäftigt sind, an Straßenkreuzungen, an denen die Ampelanlagen nicht funktionieren, und in Altersheimen, wo die elektrischen Schiebetüren ohne Strom nicht aufgehen, Nothilfe zu leisten.

Supermärkte, die nicht vom Stromausfall betroffen sind, haben durch Hamsterkäufe leergeräumte Regale. In den anderen Supermärkten verrotten verderbliche Lebensmittel vor sich hin.

Schon 23 Todesfälle

Fünf Tage nach dem Sommersturm vom vorausgegangenen Freitag ist die Lage für die Stromlosen – die „Powerless“, wie die US-Medien schreiben – zwischen New Jersey im Norden, West Virginia im Westen, der Hauptstadtregion und North Carolina im Süden kritischer denn je. Schon mehr als 23 Todesfälle sind bekannt. Doch die anhaltend hohen Temperaturen und der Stress könnten weitere fatale Folgen haben.

In Washington hat Bürgermeister Vincent Gray, in dessen Privatwohnung ebenfalls der Strom ausgefallen ist, „Cooling Stations“ besucht – öffentliche Einrichtungen, in denen sich die „Powerless“ neben einer Klimaanlage abkühlen können. Dabei hat der Bürgermeister auch die örtlichen Stromversorger kritisiert: wegen der langsamen Wartungsarbeiten und wegen des veralteten Netzes.

Der massive Stromausfall hat auf seinem Höhepunkt am Wochenende vier Millionen Haushalte getroffen. Doch einige bekamen ihren Strom schneller zurück als andere. Joe Rigby, Chef des Energieversorgungsunternehmens Pepco, von dem 780.000 Haushalte in der Hauptstadtregion abhängen, meint, dass frühestens am Freitag damit zu rechnen ist, dass 90 Prozent seiner KundInnen wieder am Netz sind.

Pepco hat in den Jahren zwischen 2008 und 2010 rund 880 Millionen Dollar Gewinn gemacht und Steuererstattungen in Höhe von 820 Millionen Dollar bekommen. Doch Washington gehört weiterhin zu den US-Städten mit den meisten Stromausfällen. Vor allem Niedrigspannungsleitungen verlaufen außerhalb von Downtown weiterhin in der Luft.

Nach jedem stärkeren Wind sind tausende Haushalte ohne Strom. Ganz zu schweigen von echten Stürmen, wie dem Schneesturm vom Februar 2010 und dem Sommersturm vom 29. Juni. Bei beiden gingen zigtausende Stromleitungen zu Boden und das Netz brach zusammen. Vor der längst überfälligen Investition in die Modernisierung – insbesondere die unterirdische Verlegung der Kabel – schrecken die Stromversorger zurück.

Tropensturm und Ignoranz

„In Deutschland bleibt das Licht an“, schreibt der Journalist David Frum auf CNN. Und wiederholt eine Klage, die alle kennen, die jedoch wegen der Fundamentalopposition der Republikanischen Partei gegen öffentliche Ausgaben keine Konsequenzen hat: Die Infrastruktur der USA ist veraltet. Frum schlägt vor, dass sie jetzt modernisiert wird. Jetzt sind die Zinsen für Kredite niedrig. Und jetzt gibt es Millionen von Arbeitslosen.

Unterdessen lodert im westlichen Bundesstaat Colorado ein Buschfeuer, von dem die Feuerlöschtrupps befürchten, dass sie es – wegen seiner Ausmaße und wegen des extrem ausgetrockenten Landes – frühestens im Herbst löschen können. Und in Florida, wo die Tropenstürme in diesem Jahr früher als sonst begonnen haben, hat Tropensturm „Debby“ Teile der Golfküste unter Wasser gesetzt.

Das Thema „Klimakatastrophe“ kommt dennoch kaum vor, weder in den Berichten über Feuer-, Hitze- und Flutkatastrophe noch im US-Wahlkampf. Der republikanische Kandidat Mitt Romney bezweifelt, dass die globale Erhitzung mit menschlichem Tun zusammenhängt. Seine Partei will, falls sie im November die Wahlen gewinnt und die Macht bekommt, die Umweltbehörde schließen.

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7 Kommentare

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  • T
    Tomate

    @ Corbin

     

    "Dass der Klimawandel nicht mit menschlichem Tun zusammenhängt, weiß nun wirklich jeder, nur die dummen Deutschen leugenen das immer noch" -

     

    Das musste ich zuerst mehrmals lesen. Ich habe zuerst gedacht, da schreibt jemand ironisch, aber entweder ist das zu ironisch, oder da hat tatsächlich jemand vergessen, seine Pillen zu nehmen. Wenn der Realitätssinn der Klimaskeptiker bereits hier seinen Ausweis zeigt, dann weiß man ja, was man auch von allen anderen Argumenten aus dieser Ecke halten kann.

  • C
    Corbin

    "Der republikanische Kandidat Mitt Romney bezweifelt, dass die globale Erhitzung mit menschlichem Tun zusammenhängt. Seine Partei will, falls sie im November die Wahlen gewinnt und die Macht bekommt, die Umweltbehörde schließen." - offenbar ist Mitt Romney doch besser als gedacht. Nicht nur labern, sondern machen - dass der Klimawandel nicht mit menschlichem Tun zusammenhängt, weiß nun wirklich jeder, nur die dummen Deutschen leugenen das immer noch und konstruieren sinnfreie Zusammenhänge, um den Armen die Milliarden aus der Tasche zu ziehen. Da sind die USA zumindest deutlich weiter - Obama hat ja genau die gleiche Meinung wie Romney, was "Dorothea Hahn" (Name von der Redaktion frei erfunden) mal entspannt unter den Teppich fallen lässt. Ein wirklich sehr, sehr schlechter Artikel.

  • S
    Strom

    In England gibt es kein Trinkwasser (http://www.vdi-nachrichten.com/artikel/Duerre-im-Land-des-Nieselregens/57633/1) in USA keinen Strom.

     

    Da zeigt der neoliberale freie Markt seine Stärken.

  • T
    Tomate

    Kann es sein, dass Pepco seine Gewinne überwiegend an die Aktionäre und seine Manager ausgeschüttet hat, statt es in den Ausbau und den Unterhalt seines Netzes zu stecken? Das würde einiges erklären.

     

    Dann wäre es genau dasselbe, das wir letztes und vorletztes Jahr mit unserer lieben Deutschen Bahn AG erlebt haben.

     

    Gut, dass der Staat sich immer mehr aus wirtschaftlichen Strukturen, die der allgemeinen Versorgung dienen, zurückzieht. Denn wie man sieht, kann das die Privatwirtschaft einfach besser.

  • D
    deviant

    Der Stromausfall hat auch nichts mit "Klimakatastrophe" zu tun, sondern ist eine ganz normale Folge von Privatisierung. Dass in Deutschland die Lichter anbleiben, ist also auch nur noch eine Frage von Zeit, bis die neoliberale Ideologie hier ihre Früchte in der Verrottung der Infrastruktur trägt. Die USA haben hier einfach einen gewissen zeitlichen Vorsprung, auf den deutschen Gleisen sieht man diese Spuren bereits jetzt, insbesondere in Berlin, aber auch die Bahn hat sich für die Börse so weit zusammengespart, dass der Service in Problemzeiten nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.

    (Tip: "Catastroika", griechische Doku, auch auf youtube)

  • N
    Niko

    Ein komisches Land, sie fliegen in das Weltall, führen in mehreren Ländern Krieg, beherrschen das Internet, haben unzählige Geheimdienste und verlegen Leitungen wie in der dritten Welt, und häßlich sieht es auch noch aus. Und die Republikaner blocken alles, außer Steuererleichterungen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten war es in meiner Jugend. Aber es tolle Menschen, wie überall. Vielleicht noch ein paar Naturkatastrophnen und sie verlegen die Leitungen wie bei uns :-)

  • N
    Nils

    Man kann immer wieder nur sagen: Selber schuld. Nicht nur sind die Wettererscheinungen Vorboten dessen, was da noch auf die Amerikaner (und auch auf Europa) zukommt hinsichtlich des von Menschen verursachten Klimawandels, sondern auch die zusammengebrochenen Stromnetze eine direkte Folge der massiven Deregulierung so lebenswichtiger öffentlicher Belange, wie eben Strom, als Konsequenz der Dogmen des ungezügelten Kapitalismus. Klingt altbacken, ist aber so. Beide Probleme, Klimakatastrophen und Stromnetzzusammenbruch, resultieren aus der Mentalität der Menschen, die einerseits ungezügelten Konsum und Verbrauch von Ressourcen, und andererseits auf die Spitze getriebene Gewinnmaximierung als "savoir vivre" zelebrieren.

     

    Alternativen sind ja leider nicht denkbar. Unternehmen zwingen, eine Teil der Gewinne in die Netze zu investieren? Oder gar Stromversorger öffentlich-rechtlich organisieren? Den emissionsintensiven, ressourcenfressenden Lebensstil irgendwo ein wenig einschränken? Nein, das ist ja "Kommunismus", und Kommunisten essen ja auch Kinder... kennen wir ja alles schon. Yeehaa!