Streit zwischen IWF und Eurogruppe : Keine Kohle für Athen
Fortschritte, aber kein Ergebnis. Die Geldgeber können sich nicht einigen, Deutschland will nicht zahlen. Also kriegen die Griechen auch kein Geld.
BRÜSSEL/BERLIN taz | Es war eine kurze Nacht für Wolfgang Schäuble: Bis um fünf Uhr morgens hatte der deutsche CDU-Finanzminister am Mittwoch in Brüssel mit seinen Kollegen aus den Euro-Staaten über die Freigabe der nächsten Hilfstranche für Griechenland gestritten. Gut drei Stunden später musste er in Berlin allen Bundestagsfraktionen nacheinander erklären, warum es dort keine Einigung gab.
Für sein Durchhaltevermögen bekam Schäuble in der späteren Haushaltsdebatte zwar parteiübergreifend Applaus. Doch in der Sache ging die Opposition hart mit ihm und Angela Merkel ins Gericht. Die Kanzlerin müsse endlich gestehen, dass für Griechenland nun „echtes Geld“ eingesetzt werden müsse, sagte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück: „Die Stunde der Wahrheit ist da.“
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und Linken-Chefin Katja Kipping forderten, die für Freitag geplante Verabschiedung des Haushalts zu verschieben, solange nicht klar sei, welche neuen Kosten durch die Griechenland-Rettung entstehen.
Das wies Schäuble zurück. „Keine der Maßnahmen, für die die Bundesregierung eintritt, hätte Auswirkungen auf den Haushalt 2013“, sagte er – und war zuversichtlich, dass es bei der nächsten Finanzministertagung am kommenden Montag eine Einigung geben werde.
Zoff in Brüssel
In der Nacht zuvor war der große Wurf nicht gelungen: Die Eurogruppe hat sich in ihrer zwölfstündigen Krisensitzung, an der auch IWF-Chefin Christine Lagarde teilnahm, nicht auf neue Hilfen für Griechenland einigen können. Es seien noch einige „technische Details“ zu klären, hieß es lapidar. Doch in Wahrheit hat es wohl ganz schön heftig gekracht in Brüssel. Die Gespräche seien „extensiv gewesen“, sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. Im Diplomatenjargon bedeutet dies: es gab Zoff.
Die Minister stritten nicht nur über den Schuldenschnitt für Griechenland, den der IWF fordert. Sie konnten sich nicht einmal auf eine simple Erklärung einigen, dass Athen nun endlich die seit Wochen fälligen Hilfskredite bekommt. Bis zum Abbruch der Verhandlungen hatten mehrere Optionen auf dem Tisch gelegen.
Deutschland stellt sich quer
Im Gespräch waren Zinsverbilligungen oder Laufzeitverlängerungen für Kredite an Athen – doch dies lehnte Deutschland ab. Alternativ wird ein Rückkauf von griechischen Staatsanleihen zu einem günstigeren Kurs erwogen. Dafür könnte Griechenland zehn Milliarden zusätzlich aus dem Rettungsschirm EFSF bekommen, was für Deutschland eine Kreditgarantie von 2,7 Milliarden Euro bedeuten würde.
Bis zum kommenden Montag müssen die Euro-Retter nun gleich mehrere Rechenaufgaben lösen, für die es womöglich keinen gemeinsamen Nenner gibt. Sie müssen die Mehrkosten finanzieren, die sich aus der beschlossenen Verlängerung der Sparvorgaben um zwei Jahre ergibt.
Die Finanzierungslücke bis 2016 beträgt laut Troikabericht 32,6 Milliarden Euro. Dann müssen sie die Schuldenquote drücken - von derzeit rund 180 Prozent auf 120 Prozent der Wirtschaftskraft, und das möglichst schon bis 2020 - und das alles, ohne frisches Geld in die Hand zu nehmen. Das forden neben Schäuble noch mehrere andere Länder, etwa Österreich.
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