piwik no script img

Streit um rechtmäßige Megaupload-DatenAngst vor dem Präzedenzfall

Ein US-Sportreporter will seine rechtmäßigen Megaupload-Daten zurück. Die US-Regierung ist dagegen: Denn das könnten auch andere wollen.

Ob legal oder illegal: Diese Daten sind nicht mehr verfügbar. Bild: dpa

BERLIN taz | In der gerichtlichen Auseinandersetzung um die rechtmäßig auf dem Speicherdienst Megaupload abgelegten Dokumente eines Sportreporters versucht die US-Regierung offenbar einen Präzedenzfall zu vermeiden.

Kyle Goodwin, der Videoaufnahmen von Schulsportereignissen anbietet und auf seiner Website veröffentlicht, hatte Sicherheitskopien seiner Videos auf Megaupload abgelegt. Als die Seite von der US-Bundespolizei FBI vom Netz genommen wurde, verlor er den Zugriff auf die Dateien. Beim zuständigen Gericht forderte er die Herausgabe der Daten.

Das Nachrichtenportal CNET berichtet nun, dass die Anwälte des US-Justizministeriums das Gericht aufforderten, Goodwins Antrag abzuweisen. Ihm stattzugeben würde „einen neuen und praktisch uneingeschränkten Anspruch jedes Dritten kreieren, der behaupten kann, dass die Umsetzung eines Durchsuchungsbefehls die kommerzielle Beziehung zwischen den Dritten und dem Ziel der Durchsuchung geschädigt hat." Kurz: Es könnten auch andere die Herausgabe ihrer Daten fordern.

Die US-Regierung argumentiert, dass die Daten nicht mehr unter ihrer Kontrolle seien und an den Webhoster von Megaupload zurückgegeben worden seien. Goodwin müsse nur einen forensischen Experten einstellen, der seine Daten identifiziert und herausgibt – das sei aber sehr teuer. „Das Problem hier ist nicht der Zugang zu den Daten“, schreiben die Anwälte. „Sondern dass Herr Goodwin möchte, dass jemand anderes als er selbst die Kosten übernimmt.“

Megaupload wurde im Januar vom Netz genommen. Die US-Regierung wirft den Machern der Website vor, über die Seite wissentlich Schwarzkopien von Filmen und Musikstücken verbreitet zu haben, beziehungsweise deren Verbreitung geduldet zu haben. Die Anklage geht von einem Schaden in Höhe von 500 Millionen Euro aus. Firmengründer Kim Schmitz alias Kim Dotcom wurde in Neuseeland festgenommen, ist aber derzeit auf Kaution frei.

„Es muss eine bessere Lösung geben“

Eine Anwältin der Zivilrechtsorganisation „Electronic Frontier Foundation“, die auch Goodwin vertritt, nannte die Haltung der US-Regierung unakzeptabel. „Die Regierung behauptet, dass Nutzer wie Herr Goodwin, Megaupload oder den Webhoster auf Herausgabe der Daten verklagen oder auf das Ende eines jahrelangen Rechtsstreits warten können“, sagte Julie Samuels der taz. „Es ist offensichtlich, dass es eine bessere Lösung geben muss.“

Seit der Anklage streiten sich die US-Regierung, der Filmstudioverband MPAA, Megaupload und die „Electronic Frontier Foundation“ um die Daten. Erst kürzlich hatte MPAA eine Antwort auf Goodwins Antrag eingereicht, in der sie die Herausgabe der Daten in seinem Fall befürwortete. Der Verband forderte allerdings, dass ein Mechanismus, der die Rückgabe der Daten ermögliche, gleichzeitig ausschließen müsse, dass dabei illegal kopierte Daten herausgegeben würden.

Unklar bleibt weiterhin, in wessen Besitz die Megaupload-Daten sich befinden. Die US-Regierung gibt an, die Kontrolle über die Daten an den Webhoster von Megaupload zurückgegeben zu haben. Dieser behauptet allerdings, keinen direkten Zugriff auf die Daten zu haben und den Megaupload Server ohne Bezahlung nicht weiterbetreiben zu wollen. Die Macher von Megaupload argumentieren hingegen, ihr Geld sei eingefroren, so dass sie die Server ebenfalls nicht bezahlen und so einen Zugriff ermöglichen könnten.

Update 12.06.: Dieser Artikel wurde mit Einzelheiten zum Schreiben der US-Regierung und Zitaten der Electronic Frontier Foundation ergänzt. Außerdem wurde ein Link zu den Originaldokumenten eingefügt, die vom Magazin Wired zur Verfügung gestellt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • I
    Ingo

    @Andreas H.: Da hast du etwas falsch gelesen. Die Dritten, um die es geht, sind andere MU-Kunden, die ebenfalls *ihre eigenen* Daten wiederbekommen moechten, nicht andere Leute, die auf Kyle Goodwins Daten zugreifen wollen.

     

    Die Artikelueberschrift sagt es schon ganz richtig: Man hat Angst, dass ein Praezendenzfall geschaffen wird, der den Behoerden viel Arbeit bringen duerfte, da ploetzlich jeder das Recht haette, die Herausgabe der eigenen, aus dem Besitz von Dritten beschlagnahmten Daten (oder allgemeiner: Gegenstaende) einzufordern.

     

    Ich vermute, prinzipiell besteht das Recht dazu nach dem Abschluss des Verfahrens. Pikant hierbei ist allerdings, dass der Hoster, bei dem die Daten gespeichert sind, von MU beauftragt wurde und nun kein Geld mehr bekommt, die Daten also gern so schnell wie moeglich loeschen wuerde.

  • K
    Kimdotnet

    @andreas H.

    Ähm, es geht doch explizit nicht(!) um die technische Machbarkeit! Darum geht es in dem ganzen Artikel nicht! Die US-Regierung will vermeiden, dass Leute überhapt an ihre legalen Daten kommen um einen Rechtsanspruch auf herausgabe zu vermeinden (Stichwort angelsächsiches Rechtssystem).

     

    Weiterer Grund ist, dass sich dann schlecht die Argumentation aufrechterhalten lässt, dass Megaupload hauptsächlich für illegale Daten da war. und zweitens ist es ein immenser Aufwand nach zerstörter Infratruktur die Daten überhaupt wieder zugänglich zu machen.

  • AH
    Andreas H.

    Eigentlich ganz einfach: Wenn er die Daten über einen eigenen Account hochgeladen hat, dann wird ihm halt nur das Recht erteilt, seine eigenen Daten herunterzuladen. Filesonic und andere Anbieter haben genau das gleiche gemacht, kurz nachdem MU dicht gemacht wurde. Es sollte also technisch gesehen kein Problem sein.

     

    Und Dritte könnten sich somit auch nicht die Daten holen, es sei denn, der Uploader verbreitet seinen Login. Dies wiederum würde zu Mehrfachanmeldungen aus aller Herren Länder führen, die man wiederum nachverfolgen und unterbinden kann, indem man den Account endgültig sperrt.

     

    Warum denken die Ankläger immer so kompliziert, wenn's doch so einfach ist?