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Streit um den besseren ProtestRevolutionäre Kontrahenten

Die LL-Demo verbindet ab diesem Jahr nicht mehr alle UnterstützerInnen. Ein Deutungskonflikt führte zur Spaltung.

Dass sie Luxemburg und Liebknecht gedenken wollen, darin sind sich zumindest alle Demoveranstalter einig. Bild: reuters

In diesem Jahr findet zum ersten Mal seit fast hundert Jahren in Berlin eine alternative Demonstration zum Gedenken an die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts statt. Sie nennt sich schlicht „Rosa und Karl“ und startet fast zeitgleich mit der traditionellen „LL-Demo“. Allerdings weicht sie von der üblichen Marschroute ab und führt vom Olof-Palme-Platz am Landwehrkanal vorbei, wo Rosa Luxemburgs Leiche von ihren Mördern versenkt wurde.

„Wir wollen mit dem Termin erreichen, dass sich die Menschen bewusst zwischen den beiden Demonstrationen entscheiden“, erklärte Fabian Weissbarth von den Jusos, einer der Organisatoren von „Rosa und Karl“, gegenüber dieser Zeitung. Neben den Jusos gehören dem neuen Bündnis Gruppen wie der DGB-Jugend, ’solid und der Naturfreunde Jugend Berlin an. Die LL-Demo dagegen wurde bislang unter anderem von der DKP, der MLPD sowie mehreren Verbänden der Linkspartei unterstützt.

Als Anlass für den Aufruf zur neuen Demonstration geben die OrganisatorInnen an, dass sie das Auftreten stalinistischer und maoistischer Gruppen sowie deren Transparente auf den „LL-Demos“ ablehnten. Ihre Kritik am herkömmlichen Konzept sei ignoriert und im vergangenen Jahr sogar mit Handgreiflichkeiten beantwortet worden. Dem halten die OrganisatorInnen der „LL-Demo“ entgegen, dass sie sich ebenfalls gegen jede Stalin-Verehrung aussprechen würden, ihre KritikerInnen aber in der Vorbereitungszeit der Demonstration keine Versuche einer gemeinsamen Auseinandersetzung zu dem Thema unternommen hätten.

Die OrganisatorInnen von „Rosa und Karl“ mussten sich von der Gegenseite bereits als „Sozialabbaukader“ und „Kinder der Mörder von Rosa und Karl“ betiteln lassen, weil sie zum Teil aus SPD-nahen Gruppen wie den Jusos und den Falken stammen. Die Jusos reagierten auf diesen Vorwurf mit einer Stellungnahme. Darin erklärten sie die Reflexion historischer reaktionärer Maßnahmen in der SPD als Teil ihres Selbstverständnisses.

Wann und wo

Rosa-&-Karl-Bündnis

Rosa-Karl-Demo

Wo? Olof-Palme-Platz

Wann? 13.1., 11 Uhr

LL-Demonstration

Wo? U-Bahnhof Frankfurter Tor

Wann? 13.1., 10 Uhr

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht waren beide SPD-Mitglieder, wandten sich aber 1914 von der Partei ab. Aus der von ihnen gegründeten Gruppe Internationale entstand der Spartakusbund, welcher 1919 in der KPD aufging. Der revolutionäre Spartakusaufstand im Januar 1919 mündete in der Verhaftung und Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts. Die erste Demonstration zu deren Gedenken fand am 25. Januar 1919 statt. Nachdem die Nationalsozialisten 1933 das Mahnmal für die beiden zerstört hatten, fand die Gedenkdemonstration erst wieder in der DDR statt, wurde dort allerdings als offizieller Staatsakt begangen und aller kritischen Elemente beraubt.

Seit dem Zusammenbruch der DDR wurde die „LL-Demo“ von einem neuen Bündnis organisiert und erhielt viel Zulauf, weil sie die Ideen der Arbeiterbewegung jenseits der realsozialistischen Staatsdoktrin aufrechterhalten wollte. Damit entsprach sie Rosa Luxemburgs Vorstellung eines demokratischen Sozialismus, der sich gegen die leninsche Idee einer staatlichen Parteiführung durch eine „Avantgarde der Arbeiterbewegung“ richtete. Doch trotzdem blieb die Demonstration auch immer für stalinistische Gruppen, die genau diese Idee fortführen wollten, offen.

In diesem Jahr ist der Streit über die Definition der Demonstrationsziele eskaliert. Nicht nur das Tragen stalinistischer Transparente, sondern auch die wiederholten Angriffe auf das Denkmal für die Opfer des Stalinismus auf dem Friedhof Friedrichsfelde waren Anlass dafür. Neben dem Zeigen von Plakaten mit Porträts von Stalin und Mao sowie wiederholten „Stalin“-Rufen wurden bei einer vergangenen Demonstration unter anderem Nelken und Kränze an dem Denkmal zertrampelt.

Wochenendausgabe

Am Samstag erscheint die zwölfseitige Berlin-Wochenendausgabe der taz. Sie bietet unter anderem ein aktuelles Schwerpunktthema, eine stark erweiterte Kulturberichterstattung, einen Wochenrückblick und das einstige Montagsinterview. Diesen Samstag in der Wochenendausgabe:

- Marx reloaded. Ein Schwerpunkt über die Renaissance linker Theorien in Berlin

- Ein Interview mit der Liedermacherin Maike Rosa Vogel über Protestsongs für die private Revolution

- Eine der ersten Buchhandlungen der Nachwendezeit macht dicht. Zu Besuch beim Besitzer in Prenzlauer Berg

Trotz der Spaltung zeigt sich bereits ein positives Resultat aus der Auseinandersetzung über die Demonstrationskonzepte im Angebot weiterführender Veranstaltungen zum Thema: Die OrganisatorInnen von „Rosa und Karl“ planen eine Aktionswoche, bei der Workshops und Vorträge zu Themen wie sozialistischem Feminismus, Antisemitismus in der DDR, jüdischer Arbeiterbewegung in Europa und Luxemburgs Kritik an Lenin stattfinden. Im Rahmen der „LL-Demo“ werden neben der traditionellen Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz, die von der Tageszeitung junge Welt organisiert wird, in diesem Jahr Veranstaltungen zur Aktualität des Imperialismusbegriffs und zur deutschen Kolonialgeschichte angeboten.

Jenseits aller Positionierungen für oder gegen die eine oder andere Demonstration sind diese Veranstaltungen ein wichtiger Beitrag zur Auseinandersetzung mit dem Erbe von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Mehr zum Thema in der Wochenendausgabe der taz.Berlin am Samstag: ein Schwerpunkt über die Renaissance linker Theorie.

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13 Kommentare

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  • RA
    ralf ansorge

    gibt es diese zombieshow immer noch?auch mit krenz und modrow?wahnsinn

  • TS
    Tirana Song

    @ Anna Log

     

     

    Die Partei Die Linke mit Maoisten und Stalinisten in die Schublade für Sekten zu werfen, verkennt völlig die Mitgliederschaft und die Zusammensetzung der Wählerschaft der Linkspartei.

     

    Es gibt Studien über das Wählermilieu bei der Linkspartei, die die Linkspartei in Ostberlin und Ostdeutschland gleichsetzt mit z.B. der CSU in Bayern. Eben eine ostdeutsche Volkspartei. Die Linkspartei ist eine regionale Volkspartei und keine Politsekte. Das selbe gilt für die meisten der Antifa Gruppen. Die Mehrzahl der Antifas sind eher pragmatisch und zur Restgesellschaft offen ausgerichtet, als sektenhaft und klandestin.

  • A
    Aljoscha

    @ super

     

    Ihr Monty Python Spruch hat einen Bart, der reicht von Spandau bis nach Adlershof. Sehr originell. Gäääähn.

     

    @ Naturfreund

     

    Rosenburg? Für sie nur eine Bestätigung! Ist sehr wichtig, die jüdische Herkunft:)) Vorurteile wollen bestätigt sein!

     

    Wie schon andere hier geschrieben haben: Billige Provo. Aus Opfern Täter machen.

     

     

    @ Billy Pilgrim

     

    Rechte wie Linke brauchen und pflegen ihre Mythen und auf Besserwisserei hat auch kein Lager ein Copyright.

     

    Der beste Punkt, um die Lager zu unterscheiden ist der von der Gerechtigkeit: Rechts fordert Ungleichheit, links will Gleichheit. Gibt Ausnahmen bei Linken, aber grundsätzlich stimmt diese Unterscheidung.

  • S
    Spalter

    Alle Jahre wieder klettern die Zombies in die U-5 und feiern die Rituale aus grauer Diktatur-Vorzeit. Lustig wenn sich Jüngere das Gehirn entfernen lassen und mitwanken. Jetzt kommen diejenigen hinzu, die klein wenig Gehirn behielten und sich nun fragen wie man Liebknecht und Rosenburg gedenken soll. Sozial-demokratisch, sozialitisch-demokratisch, demokratisch-sozialistisch, revolutionärt-sozialitisch oder doch lieber DDR-demokratisch. Man weiß nur: Die sozialitisch-demokratischen-revolutionären-DDR-Demokraten sind Spalter! Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sind nicht gerade demokratische oder humanistische Vorbilder sondern eher ein Symbol für die Aufgabe dieser Dinge. Stellt sich nur die Frage ob sie zur LL-Demo oder zum Landwehrkanal gegangen wären um sich selbst zu gedenken. Jedenfalls hätten sie gewusst wie dringend ihre Gegner vernichtet werden müssen falls sie keine Linken sind und, daß die anderen Spalter sind. Kompromißmäßig wäre Liebknecht diese Jahr zum Zentralrat in den Osten gefahren und Luxemburg am Landwehrkanal geblieben und nächstes Jahr umgekehrt. Es sei denn sie hätten irgendwo Spalter entdeckt.

  • NN
    Naturfreundejugend NRW

    Die Naturfreundjugend NRW unterstützt die "Rosa und Karl" Demo nicht. Unsere Mitglieder werden den Jugendblock der "LL-Demo" um 10.00 Uhr am Frankfurter Tor unterstützen.

     

    Es ist also auch innerhalb der Verbände keine einheitliche Idee, der LL-Demo (trotz manch fragwürdiger Teilnehmenden dort) den Rücken zu kehren. Im Gegenteil! Die Kritik an der Spaltung dieser Gedenkdemo ist größer, als das Dulden einzelner Stalinfans!

     

    Naturfreundejugend NRW

  • A
    aujau

    @ Naturfreund: Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wollten im Gegensatz zu ihren Moerdern den ersten Weltkrieg verhindern. Sie mit denen zu vergleichen zeugt von derselben diskursstrategischen Denkweise, die Sie den Stalinisten vorwerfen.

  • D
    dobermann

    @ Naturfreund

     

    zitat: "... Liebknecht und Rosenburg waren nicht besser als ihre Mörder, nur langsamer..."

     

    geschichtsunterricht in oberbayern gehabt?

     

     

    @ Anna Log

     

    zitat: "... einen solchen Sektenaufmarsch erlebt man heute nur noch be der LLL Demo. ..."

     

    nö. nicht nur noch. ich bevorzuge nach wie vor zum jahresanfang dresden. die umzüge von junge landsmannschaft ostdeutschland und co. sind sehr unterhaltsam.

     

    wunsiedel ist ja nun nicht mehr. der trachtenumzug jedes jahr war auch beste satiere.

  • B
    Baumrotz

    @ Naturfreund

     

    Sie werfen anderen Ideologie vor und benutzen in Ihrem Vokabular Begriffe wie "totalitären Antidemokraten".

     

    1. was bitte soll mir die Kombination aus totalitär und Antidemokrat sagen? Weil Sie sich unsicher sind in ihrer Argumentation übersteigern sie also eben einfach noch mal alles.

     

    2. Das z.B. Politiker ermordet werden, ist für Sie eine Art Notwehr, weil sonst die Ermordeten, selbst zum Massenmord aufgerufen hätten oder wie sollen wir Ihre Aussage "Liebknecht und Rosenburg waren nicht besser als ihre Mörder, nur langsamer" verstehen?

     

    @ TAZ

     

    Kann ich diesen Satz von @ Naturfreund "Liebknecht und Rosenburg waren nicht besser als ihre Mörder, nur langsamer" als Relativierung von politisch motivierter Gewalt verstehen?

     

    Ich verstehe den Satz als Rechtfertigung für Gewalt und wie interpretieren Sie das?

  • AL
    Anna Log

    Für alle deren Zeitmaschine grad in der Werkstatt steht, einen solchen Sektenaufmarsch erlebt man heute nur noch be der LLL Demo. Echt wie ne Zeitreise.

  • N
    Naturfreund

    Naturfreunde Jugend Berlin? Hahahaha. Es ist halt genau so wie es immer gesagt wird. Wenn es mit der Weltdiktatur nicht klappt, dann sucht man sich einen anderen Platz zum Rechthaben. LL-Demo oder lieber DGB-Solid-blabla? Probleme über Probleme. Warum man überhaupt irgendwelcher totalitären Antidemokraten gedenken soll ist jedem modernen Menschen unklar. Liebknecht und Rosenburg waren nicht besser als ihre Mörder, nur langsamer.

  • B
    barbara

    Dass die Auseinandersetzung mit der linken Geschichte in der Linken geführt wird ist sehr wichtig und nicht der bürgerlichen oder rechtskonservativen Gruppierungen überlassen werden. Auch wenn ich einige Kritik des neuen Demo-Bündnisses teile und die gewaltvollen Angriffe in keinster Weise gerechtfertigt sind, halte ich diese spalterische Aktion einer Paralleldemo für falsch und werde nicht zur neuen Demo gehen.

  • S
    super

    Ich gehe zur Demo der anarchistisch-trotztischkisch-maoistischen Gruppe "Josef Stalin".

    Die anderen sind doch alles Spalter!

  • BP
    Billy Pilgrim

    es ist doch immer das gleiche theater. die rechten haben den mythos, die linken die besserwisserei. derweil dreht sich die welt. Ho ho ho....