■ Streit um den 20. Juli: Revision? Warum nicht!
Nur jeder zweite Bundesbürger, so ergab kürzlich eine Umfrage, weiß überhaupt, was vor fünfzig Jahren am 20. Juli 1944 geschah. Die Zeichen stehen günstig, daß die Zahl der Ahnungslosen rapide abnimmt. Möglicherweise erfahren die Menschen auch, was für Personen mit welchen weit auseinanderliegenden politischen Überzeugungen vor fünfzig Jahren Widerstand leisteten: wer schon von Beginn an gegen den NS-Staat kämpfte oder wer nur noch, selbst schuldbeladen und fern von jeder demokratischen Gesinnung, mit dem Attentat seinen eigenen Kopf angesichts der unausweichlich gewordenen Niederlage der deutschen Mordbrenner retten wollte. Vor einem halben Jahr waren die Chancen, die Geschichte des Anti-Hitler-Widerstands der musealen Verortung anheimzugeben und damit dem öffentlichen Vergessen, durchaus gegeben. Das Gegenteil ist passiert – gerade weil sich die konservativen Geschichtsbereiniger so sehr um die Monopolisierung und Adelung des „nationalen“ Widerstands bemühten. Und anders als der Historikerstreit, bei dem das nazistische Morden relativiert werden sollte und der vor allem ein Feuilleton-Thema blieb, hat der Streit um dem 20. Juli zu einer politschen Debatte mit begrüßenswerten Interventionen wie der gestrigen Besetzung geführt. Die eher defensive These, der Widerstand des 20. Juli sei unteilbar, ist angesichts der entfachten Kontroverse zu hinterfragen. Andersherum wird nämlich ein Schuh draus: was hat der sozialdemokratische, kommunistische und teilweise kirchliche Widerstand mit Leuten gemein, die letztlich einen autoritären Staat ohne Hitler wollten? Die Debatte geht weiter, doch ein Ergebnis steht bereits fest: für die Geschichtsfälscher, die den kommunistischen Widerstand tilgen wollen, ist die Sache längst verloren. Gerd Nowakowski
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