Streit um das Betreuungsgeld: Bei fast allen unbeliebt
Obwohl die Kanzlerin sich für das CSU-Lieblingsprojekt aussprach, geht der Streit über das Betreuungsgeld weiter. Sogar Arbeitgeber und Kommunen halten es für unsinnig.
BERLIN dpa | Auch nach dem klaren Bekenntnis von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Betreuungsgeld wächst der Widerstand gegen das Projekt. Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt hält das ganze Vorhaben für unsinnig. „Das Betreuungsgeld ist nach meiner Überzeugung grundverkehrt. Ich hoffe sehr, dass die Koalition von diesem unsinnigen Vorhaben Abstand nimmt“, sagte er der BILD-Zeitung.
Die Leistung sei teuer und setzte Anreize dazu, nicht zu arbeiten. Zudem bestehe die Gefahr, dass gerade Kinder davon nicht profitierten, für deren Entwicklung dies besonders wichtig wäre, meinte Hundt. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hatte am Montag über Regierungssprecher Steffen Seibert deutlich gemacht, dass sie an der Koalitionsvereinbarung zum Betreuungsgeld festhalten will.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund verlangte ebenfalls, auf das Projekt zu verzichten. „Solange der Ausbau der Kindergartenplätze nach wie vor unterfinanziert ist, sollten zusätzliche Mittel besser dafür eingesetzt werden“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg Handelsblatt Online. Für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung bis August 2013 fehlten noch über 200.000 Plätze.
Die Kosten für das Betreuungsgeld werden nach Berechnungen von Experten deutlich höher ausfallen als bislang eingeplant. Nach Angaben der Financial Times Deutschland könnten jährlich Eltern von rund 1,1 Millionen Kindern die geplante Barzahlung in Anspruch nehmen - rund 445.000 mehr als nach der Kalkulation der Regierung. So gehe das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW/Mannheim) von Kosten in Höhe von rund 2 Milliarden jährlich aus, da nicht genügend Betreuungsplätze zur Verfügung stünden. Zu diesem Ergebnis komme auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW/Berlin).
Die Regierung veranschlagt bislang für 2013 Ausgaben in Höhe von 400 Millionen Euro. 2014 stehen dann 1,2 Milliarden bereit. Davon könnten im ersten Jahr 333.000 Familien finanziert werden, im zweiten 666.000 Familien. Die monatliche Leistung für Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause erziehen, soll nach den Plänen von CDU/CSU ab 2013 zunächst 100 Euro und ab dem folgenden Jahr 150 Euro monatlich betragen.
Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums ist noch offen, ob das vor allem von der CSU geforderte Betreuungsgeld im Bundesrat zustimmungpflichtig ist. Dies hänge von dem genauen Inhalt des erst für den Sommer angekündigten Gesetzentwurfs ab, erklärte Sprecher Christoph Steegmans. Falls die Neuregelung zur Folge hätte, dass die Länderverwaltung etwa personell aufgestockt werden müsse, könne eine Zustimmung notwendig werden. In einem solchen Fall könnten die SPD-geführten Länder das Projekt zur Fall bringen.
Auch aus den Reihen von Schwarz-Gelb kam neue Kritik. „Das Betreuungsgeld passt nicht in die Zeit“, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring der Passauer Neuen Presse. „Wenn die Union dieses Projekt aufgibt, werden wir nicht im Wege stehen.“ Die Vorsitzende der Frauen in der Unions-Fraktion, Rita Pawelski (CDU), warb in der taz für einen Kompromiss: „Eine Lösung wäre, das Betreuungsgeld nicht ausschließlich bar auszuzahlen. Der Staat könnte alternativ dem Elternteil, das zu Hause bleibt, nachhaltige Hilfen finanzieren.“
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