: Streit um Wahltermin
■ Rebellen fordern eine Verschiebung der tschetschenischen Wahlen. Durchbruch bei Gesprächen mit Moskau fraglich
Nasran (rtr/dpa/AP) – Bei den Verhandlungen zur Beendigung des Tschetschenien-Krieges in der inguschetischen Hauptstadt Nasran haben Rußland und die tschetschenischen Rebellen Fortschritte, aber bislang noch keinen entscheidenden Durchbruch erzielt.
Kernfrage des Streits sind immer noch die Wahlen zum tschetschenischen Parlament, die Rußland, zeitgleich mit den Präsidentenwahlen, am 16. Juni in Tschetschenien durchführen will. Die Rebellen jedoch verlangen eine Verschiebung der Wahlen. Ihrer Auffassung nach soll das tschetschenische Parlament erst nach einem vollständigen Abzug der russischen Truppen neu bestimmt werden. Sollte Rußland ihrer Forderung nicht nachgeben, drohten sie an, das im Grundsatz vereinbarte Entmilitarisierungsabkommen platzen zu lassen.
Auf das Abkommen hatten sich beide Seiten am Wochenende verständigt. Das Abkommen sieht vor, daß von heute an bis zum 7. Juli die Blockade tschetschenischer Ortschaften durch russische Truppen beendet werden soll. Vom 7. Juli an sollen die tschetschenischen Rebellen binnen eines Monats ihre Waffen niederlegen. Bis Ende August sollen außerdem die russischen Truppen aus der abtrünnigen Kaukasus-Republik abziehen.
Fortschritte bei den Verhandlungen gab es auch in der Frage eines Gefangenenaustausches. Nach russischen Berichten sind die Rebellen bereit, 14 von knapp 30 russischen Geiseln freizulassen, die sie seit Ende Mai gefangengenommen hatten.
Die Separatisten zeigten sich gestern am Rande der Gespräche allerdings verhalten zuversichtlich, daß im Laufe des Tages auch eine Einigung im Streit über den Zeitpunkt der geplanten tschetschenischen Wahl erreicht werden könne. Rebellensprecher Mowladi Udugow sagte, er sehe eine Chance, den Terminstreit beizulegen und die neue Vereinbarung über Entwaffnung der Rebellen noch im Laufe des Tages zu unterzeichnen. „Es gibt kleine Zeichen der Hoffnung“, sagte er. Die pro- russische tschetschenische Republiksverwaltung zeigte sich ebenfalls bereit, die Wahlen zu verschieben.
Unterdessen wurden innerhalb der vergangenen 24 Stunden bei Kämpfen in der Kaukasusrepublik zwei russische Soldaten getötet, wie die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass gestern meldete. Unter Berufung auf die Behörden in Grosny hieß es, Rebellen hätten 13mal russische Stellungen beschossen. Vor dem Gebäude der russischen Repräsentanten in Grosny explodierte gestern eine Bombe. Dabei sei allem Anschein nach niemand verletzt worden.
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