Streit um Straßenbahn-Trasse: Ab durch die Hecke
Die Linie 1 wird verlängert - aber nicht über die Kirchhuchtinger Landstraße. Der Beschluss von Bausenator Joachim Lohse verärgert und überrascht die Betroffenen.
Den Namen auf seinem Protestschild hat Martin Danne einfach geändert. Im letzten Jahr strich er das k aus Loske und fügte ein h hinzu. Denn mehr, sagt Danne, habe sich durch den Wechsel des Umweltsenators nicht getan. „Lohse verkauft seine Seele für die Straßenbahn“, ist der nun aktualisierte Spruch auf dem Schild in Dannes Garten. Direkt hinter seinem Haus in Huchting verlaufen die Gleise der alten Bremen-Thedinghauser-Eisenbahn (BTE). Die ist mittlerweile stillgelegt, doch das soll sich ändern: Nach Plänen des Bauressorts sollen auf dieser Trasse zukünftig die Linie 1 und Linie 8 im Fünf-Minuten-Takt vorbeiziehen. Eine entsprechende Entscheidung hat das Bauressorts am Dienstag VertreterInnen von SPD und Grünen vorgestellt.
Die Verlängerung der Straßenbahn-Linie über die bisherige Endhaltestelle am Roland-Center hinaus wird seit Jahren diskutiert. Viele Huchtinger wurden dagegen laut. Danne hat sich mit etwa hundert weiteren in einer Bürgerinitiative zusammengetan.
Im Dezember dachten sie, einen Sieg errungen zu haben: Nach dem Bürgerprotest der letzten Jahre wollte das Bauressort den Streckenausbau umfassend prüfen. „Wir wissen noch nicht, wo wir landen werden“, hieß es damals von Bausenator Joachim Lohse (Grüne) wie vom BSAG-Vorstand Michael Hünig.
Viele Huchtinger BürgerInnen sind von der verlängerten Linie 1 nicht überzeugt und wollen ihren Bus behalten, der einmal im Kreis im Stadtteil herumfährt. Gegen den Ausbau der Straßenbahn sind sie, weil manche dann Teile ihrer Grundstücke verlieren würden, weil ein Trassenverlauf über die Kirchhuchtinger Landstraße, die Hauptverkehrsstraße, sinnvoller sei, weil der Bau dort wiederum die anliegenden Geschäfte schädige oder weil der Bus eben schön und praktisch im Kreis fährt. „In Huchting leben fast 30.000 Menschen“, sagt BSAG-Sprecher Jens-Christian Meyer. Und er bezweifelt, dass die alle lieber Bus statt Bahn fahren wollen.
Diesen statt der Linie 1 weiter seine Runden drehen zu lassen, war auch nur eine der drei Varianten, die das Bauressort prüfte. Bei der Streckenverlängerung hängen die Linie 8 und die Linie 1 zusammen. Bislang enden beide vor dem Roland Center. Die Linie 8 soll in Zukunft über die Landesgrenzen hinaus die Pendler aus Stuhr und Weye nach Bremen bringen. Die Linie 1 vor der Landesgrenze rechts abbiegen, über die Heinrich-Plett-Allee bis zur Brüsseler Straße nach Mittelshuchting hinein führen – dort, wo bislang die Buslinie 58 fährt.
Das erste Stück vom Roland Center aus aber fahren sie zusammen und gerade dort gibt es die meisten Probleme. Denn die geplante Streckenführung liegt nicht auf der Kirchhuchtinger Landstraße, sondern hinter den Häusern auf der BTE. Und das wird bei manchen Häusern sehr knapp, etwa bei Martin Danne.
Die Variante, für die sich das Bauressort entschieden hat, sieht an dieser Engstelle auf 60 Metern nun statt zwei nur ein Gleis vor. Umfassend seien auch die Bauarbeiten auf ihre Auswirkungen überprüft worden, sagte eine Ressortsprecherin. Über 600 Bäume werden nach wie vor weichen müssen. Im Sommer soll dazu ein neues Planfeststellungsverfahren aufgenommen werden. Baubeginn könnte dann im Frühjahr 2016 sein. Die erste Bahn würde 2018 rollen.
Wenn alles glatt läuft. Doch Martin Danne kündigte jetzt schon an, gegen die Bahn hinter seinem Haus zu klagen. Auch Annemarie Werner, Sprecherin der Huchtinger Beiratsfraktion der Grünen, sieht noch nicht das letzte Wort gesprochen. Sie will wie Danne nach wie vor, dass die Bahn über die Hauptstraße führt. „Da, wo die Menschen wohnen“, so Werner. Doch das, heißt es aus dem Ressort und von der BSAG, sei ohnehin seit Jahren vom Tisch – weil es 23 Millionen Euro mehr koste. Der Bund allerdings finanziert einen Großteil: Von den errechneten 68 Millionen Euro für die aktuelle Ausbau-Variante müsste Bremen 10,9 Millionen Euro zahlen.
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