Streit um Steinkohle: EU will Subventionen früher stoppen
Brüssel will die Subventionen für Steinkohle früher verbieten, als der deutsche Kompromiss es vorsieht. Kritik kommt von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen.
KÖLN taz | Der Vorstoß der EU-Kommission, die Subventionierung des Steinkohlebergbaus früher als bisher geplant auslaufen zu lassen, stößt bei der rot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen auf Widerspruch. "Dieser Vorschlag ist nicht akzeptabel", kritisierte SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und warnte vor betriebsbedingten Massenkündigungen. Auch ihr grüner Umweltminister Johannes Remmel lehnt die Pläne ab.
Die EU-Kommission will Beihilfen für den Steinkohlebergbau nur noch vier Jahre lang erlauben. "Der Vorschlag soll sicherstellen, dass nicht wettbewerbsfähige Bergwerke bis zum 15. Oktober 2014 stillgelegt sind", hieß es. Das würde auch das Aus für die sechs noch in NRW und dem Saarland betriebene deutsche Zechen bedeuten. Aktuell arbeiten noch rund 27.000 Menschen im deutschen Bergbau.
Die am Dienstag einstimmig beschlossene kurze Übergangsfrist kam überraschend. In einem ersten Entwurf hatte die Kommission noch eine Frist bis Ende 2023 vorgesehen. Doch vor allem die Ressortvertreter für Umwelt und Klima, Connie Hedegard und Janez Potocnik, pochten auf einen früheren Ausstieg - um die Klimaschutzziele der EU nicht zu unterlaufen.
Der Beschluss kollidiert nun mit dem mühsam ausgehandelten deutschen Steinkohlekompromiss. Darin vereinbarten Bund und Kohle-Länder ein Ausstiegsdatum Ende 2018 und einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Daran soll sich nach den Vorstellungen von Remmel auch nichts ändern. "Ich bin zwar gegen Steinkohle, aber für Planungssicherheit", sagte der Umweltminister der taz. Die Grünen seien schon immer für einen "Ausstieg im Sinkflug, nicht im Sturzflug" eingetreten.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) begrüßte hingegen den Beschluss. "Es ist eine Richtung, die ökologisch und ökonomisch aus meiner Sicht durchaus vernünftig ist", sagte Brüderle am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. Unterstützung kommt auch vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung. "Wir verbrennen mit den Steinkohlesubventionen und Produktionsbeihilfen viel Geld", sagte Bereichsleiter Manuel Frondel. "Das gesparte Geld sollte für den Schuldenabbau genutzt werden."
Im Herbst steht das Thema auf der Tagesordnung des EU-Ministerrats, die Mitgliedsländer müssen zustimmen. Die Bergbaugewerkschaft IG BCE forderte die Regierung auf, hart zu bleiben. "Wir werden uns mit allen Mitteln zur Wehr setzen", kündigte der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis an.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links